Vorschau Heft Rahmenerweiterung

Definition

seinen Rahmen auch nicht erweitern. Nicht zuletzt kann ein Pferd, das sich nicht versam- meln lässt, auch keine korrekte Verstärkung zeigen – die Hinterhand nimmt keine Last auf und schiebt nach hinten hinaus. Das Pferd kommt unweigerlich auf die Vorhand, die Bewegung verliert den Schwung und die Tritte werden eilig statt länger. Losgelassenheit und Anlehnung, Dehnung und Spannung Das Erweitern des Rahmens fordert nicht nur vom Pferd die Entfaltung des Schwungs und das Verlängern seiner Tritte und Sprünge bei gleichbleibendem Tempo, sondern auch vom Reiter, dass er diese Entfaltung zulässt. Der Reiter treibt dafür das Pferd an die Hand heran, die passiv bleibt, also weder nachgibt noch rückwärts zieht, sondern den Schwung vielmehr „elastisch aushält“, wie Waldemar Seunig es ausdrückt. Kommen die Hinterbeine dann schwungvoll zum Treten, „wird (das Pferd) sich aufgrund der Anleh- nung bei treibendem Sitz an die Hand des Reiters heranformen, indem es in Maul, Ge- nick und Hals nachgibt und kauend am Gebiß abstößt, sich daran losläßt“, heißt es bei Waldemar Seunig weiter. Damit aber dieses Wechselspiel von Spannung und Abspannung funktionieren kann, muss das Pferd tatsächlich „durchs Genick“ gehen. Das heißt: Der Schwung, die Ener- gie der Bewegung muss von den Hinterbeinen über Rücken und Genick wieder bis zum Maul durchkommen. Das funktioniert wiederum nur, wenn das Pferd losgelassen ist – weshalb der Reiter den Schwung auch herauslassen muss, indem er mit der Hand vor- geht und dem Pferd so die Rahmenerweiterung ermöglicht. Andernfalls käme das Pferd aus der positiven Spannung in eine Verspannung, die bei festgehaltenem Rücken und festem Genick zum Verlust von Takt und Schwung führen würde. Umgekehrt hätte das Aufgeben der Anlehnung denselben Effekt. Das Zulassen der Rahmenerweiterung bei gleichzeitig „elastischer“ Anlehnung ist daher tatsächlich eine Gratwanderung, bei der ein Zuviel oder Zuwenig den sofortigen Misser- folg bedeutet – was nachvollziehbar macht, warum für die korrekte und ausdrucksstarke Ausführung nicht nur beim Pferd, sondern auch beim Reiter ein entsprechender Ausbil- dungsstand vorhanden sein muss. (Cora von Hindte-Mieske)

Lesetipps: Deutsche Reiterliche Vereinigung: „Richtlinien für Reiten und Fahren“, Band 1, FN-Verlag, 2019 Waldemar Seunig: „Von der Koppel bis zur Kapriole“, Olms, Reprint 2019

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DS 02/21

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