2024_04_Blick
Soziale Medien
lichen Situationen und fordert ihre Follower auf, die Szenen zu deuten. Später veröffent licht sie die Videos erneut mit ihrer Interpretation. Steffi Spielhaupter hat in England ih ren Bachelor und Master in Equine Science (Pferdewissenschaft) gemacht und ist Pferde massagetherapeutin. Sehr viel hat sie aber auch von ihren eigenen Pferden erfahren:„Ich habe gemerkt, dass es nicht reicht, zu wissen, wie Pferde trainiert werden können. Ich muss auch verstehen, was sie mitbringen, wie ihre Persönlichkeit ist und wo ihre Gren zen sind.“ Hinzuschauen und alles zu hinterfragen sind die wichtigsten Forderungen von Steffi Spielhaupter. Dafür bietet sie immer wieder Videos an, die oft ganz unspektakulär sind, die Pferde einfach in ihrem Alltag zeigen. Immer mit der Aufforderung:„Sagt mir, was ihr seht.“ Jede Antwort ist richtig, jeder darf beschreiben, was er oder sie in den Videos er kennt. „Wenn sie auf ihr Gefühl hören, können viele Leute die Pferde richtig deuten“, ist ihre Erkenntnis. Allerdings gäbe es gerade auch im Internet so viele Szenen zu sehen, in denen es nicht gut läuft, dass sich die Menschen daran gewöhnen und das Vertrauen in ihre eigene Einschätzung verlieren. Aber bei ihren Videos würden doch sehr viele mit ihrem Tipp richtig liegen. Stressanzeichen können sehr unterschiedlich sein Die Überlebens-Modi Kampf oder Flucht würden dabei grundsätzlich am besten er kannt. Bei einem Pferd, das heftig buckelt oder durchgeht, sehe jeder den Stress. Ein neues Pferd in Steffi Spielhaupters Leben brachte aber Dissoziation mit ins Spiel:„Andere sehen dann ein super entspanntes Pferd. Aber ich sehe ein Pferd, das sich aus der Situa tion sozusagen rausbeamt. Das ist sehr schwer zu erkennen.“ Augen zusammenkneifen, Weniger eindeutig ist die Beschwichtigung, zu der als auffälligstes Merkmal die Kaubewegungen von Fohlen bei der Begegnung mit anderen Pferden zählen. Be schwichtigung kann sich durch Abwenden, das Senken des Kopfes, Lecken und Kauen, häufiges Blinzeln oder Gähnen äußern. Solche Zeichen werden dann leicht als höfliches Verhalten, Entspannung oder Müdigkeit missverstanden, und die Un terscheidung ist oft nur im Kontext möglich. Eine weitere Reaktion, oft auf anhal tenden Stress, der nicht bewältigt werden kann, ist die Dissoziation. Das Pferd geht dabei mental auf Distanz zu der Situation, es wirkt „weggetreten“, beschreibt Steffi Spielhaupter die Situation. Eine extreme Form ist der „Shutdown“, wenn das Pferd in extremen Situationen fast bewusstlos wirkt, etwa wenn Pferde längere Zeit fest liegen. In diesem Zustand hat sich das Pferd komplett aufgegeben, was sich sogar körperlich lebensbedrohlich auswirken kann. Überlebens-Modi Steffi Spielhaupter benennt vier Überlebens-Modi: Flucht, Kampf, Einfrieren und Be schwichtigung. Insbesondere die ersten beiden sind eindeutig zu erkennen: Stei gen und Buckeln oder Durchgehen, meistens als direkte Reaktion auf akuten Stress. Beim Einfrieren verharrt das Pferd in einer Art Schockstarre, meistens aufgerichtet und extrem angespannt mit deutlich geweiteten Augen.
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