2024_04_Blick

Soziale Medien Der Ist-Zustand: Pferde in sozialen Medien – viele Missverständnisse rund ums Pferd Bilder und Videos von Pferden in allen möglichen Trainings- und Alltagssituatio nen sind heutzutage in den sozialen Netzwerken zu sehen. Dass dort auch Sze nen von Überforderung und Harmonieverlust dabei sind, ist schon aufgrund der Menge wenig überraschend. Wie gut solche Situationen in der Internet-Communi ty erkannt werden, hat Michelle Strelow in einer Bachelor-Arbeit untersucht. Steffi Spielhaupter bietet in ihrem Instagram-Account Videos an, mit denen ihre Follower ihren Blick schulen können. Die Darstellung von Pferdesport und Training in der Öffentlichkeit war das Oberthema der Bachelor-Arbeit, die Michelle Strelow in ihrem Studium Ökologischer Agrarwissen schaft zu den Bereichen Tierethik und Pferdewissenschaften geschrieben hat. Dazu wer tete sie eine Stichprobe von rund 50 Instagram-Beiträgen aus, die sowohl von Privatper sonen als auch von professionellen Trainern stammten. Stress beim Pferd war dabei ein zentraler Aspekt:„Wie kann ich erkennen, dass ein Pferd Stress hat? Und wie sehe ich, wie sich mein Handeln auf das Pferd auswirkt?“, nennt Michelle Strelow ihre Fragestellung. Spannend war, wie die Menschen im Netz auf die Szenen, in denen Pferde deutliche Stresssignale zeigten, reagierten. Dabei wertete Michelle Strelow sowohl die Darstellung derjenigen, die den Content veröffentlicht haben, als auch die Reaktionen der Follow er aus. Eine Erkenntnis: „Stress- und Angstsignale werden von uns Reitern oft nicht er kannt.“ Michelle Strelow sieht mit ihrer Stichprobe eine Studie von 2021 bestätigt. Darin sollte ermittelt werden, wie gut Experten aus dem Pferde- und Veterinärbereich Stress anzeichen bei Pferden im Rahmen tierärztlicher Behandlungen deuten können. Bei der Befragung fiel die Bewertung der Stressanzeichen sehr unterschiedlich aus. Die befrag ten Experten waren sich vor allem bei subtilen Hinweisen auf Stress uneinig. Dieses Bild zeichnete sich für Michelle Strelow in ihrer Stichprobe unter den „Experten“ auf Insta gram ebenfalls ab. Stress wird als Freude interpretiert „Ich fand es interessant, die Sprache der Beiträge zu untersuchen. So wurden klare Stressanzeichen, zum Beispiel Abwehrhandlungen wie Buckeln, als etwas Positives be wertet. Zum Beispiel, dass sich das Pferd freut.“ Michelle Strelow gibt ein Beispiel: Ein Pferd, das beim ersten Satteln gebockt habe, wurde als „voller Lebensfreude“ beschrie ben. Solche Fehlinterpretationen gab es sowohl von den Erstellern der Beiträge als auch von ihren Followern in den Kommentaren. Ein weiteres Ergebnis aus Michelle Strelows Auswertung: „Ich fand es erstaunlich, wie viel Stress Pferde auch bei alltäglichen Trainingssituationen haben.“ Als Beispiel nennt sie das Erarbeiten neuer, vergleichsweise unspektakulärer Lektionen wie dem Rück wärtsrichten, wo über Stressanzeichen wie Kopf hochreißen und Muskeln anspannen oft einfach „hinweggeritten“ würde. „Die Signale werden teils nicht erkannt, teilweise aber auch einfach nicht ernst genommen.“ So komme es nicht zu einer Reflexion darüber, ob

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