Blick ins Mutmach-Heft

Zeitmanagement

Zeitmanagement

A. Wichtig und dringend = sofort selbst erledigen; dienen den eigenen Zielen B. Wichtig, aber nicht dringend = Termin festlegen und selbst erledigen oder an andere delegieren; dienen den eigenen Zielen C. Nicht wichtig, aber dringend = an andere delegieren; dienen (meist) den Zielen ande rer D. Nicht wichtig und nicht dringend = im Zweifelsfall ganz streichen So erhalten die planbaren Anforderungen eine Struktur, auch wenn dann immer noch unerwartete Dinge hinzukommen. „Da kommt das Leben dazwischen“, nickt Antje Lie be. Die Punkte beispielsweise, die in Kategorie D landen, sind meist irrelevante Zeitfres ser. „Sie erzeugen mir Stress, sodass ich weniger Energie habe, das zu schaffen, was ich möchte oder muss.“ Werden sie eingespart, ist Raum für wichtige Dinge gewonnen, und das trifft auch auf die Punkte der Kategorie C zu. Erwartet die Tante, dass wir für ihren morgigen Geburtstagskaffee einen Kuchen mitbringen, ist das zwar zeitlich dringend, doch das kann, um Zeit zu gewinnen, delegiert werden. Auch ein Kuchen vom Bäcker ist eine Alternative. Auch langes Vor-sich-Herschieben von Aufgaben stresst, denn „was man nicht aus den Füßen hat, frisst Ressourcen“, unterstreicht die Beraterin. „Es brodelt immer weiter im Kopf.“ Hilfreich ist es zudem, Aufgaben zu bündeln. Stehen zum Beispiel zehn Telefonate auf der Liste, „dann nehme ich mir vielleicht einfach mal eine Stunde und telefoniere in einem Abwasch alles ab.“ Ziele vergegenwärtigen und Stressoren identifizieren Ein wichtiger Faktor bei der Kategorisierung von Anforderungen nach Eisenhower sind die persönlichen Ziele, betont Antje Liebe. „Was wollen wir erreichen? Wir haben ja in der Regel Lebensziele, Langzeitziele, Jahresziele. Bei den Aufgaben, die aufgelistet wer den, geht es immer darum: Was will und was muss ich tun, um sie zu erreichen?“ Um sich (wieder) bewusst zu machen, was die eigenen Ziele sind, braucht es das bewusste Wahrnehmen seiner selbst. „Das bringt uns ins Hier und Jetzt. Das ist Achtsamkeit. Was nehmen wir denn überhaupt wahr – was fühle ich, wo fühle ich was?“ Bei dieser Entde ckungsreise ins eigene Selbst begegnen uns wahrscheinlich die „Fünf Antreiber“, die der Psychologe Taibi Kahler identifiziert hat: „Alle Menschen haben sie in unterschiedlicher Ausprägung. Einer kann besonders hartnäckig und so ein persönlicher Stressverstärker sein. Wir stehen uns damit selbst im Weg“, erläutert Antje Liebe. Der erste Schritt ist, sich diese Antreiber bewusst zu machen, um sie im zweiten Schritt aktiv zu entschärfen. • Sei perfekt => gestatte dir, auch mit weniger als 100 % zufrieden zu sein • Mach es anderen recht => gestatte dir, deine eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen • Sei stark => gestatte dir, auch Hilfe zu holen • Streng dich an => gestatte dir, auch Freude bei dem zu haben, was du tust • Beeil dich => gestatte dir, dir Zeit zu nehmen und auch Pausen zu machen

Drei Fragen an Johanna Constantini Die Psychologin mit eigener Praxis in Innsbruck hat sich neben der klinischen Psychologie unter anderem auf Arbeits- und Sportpsychologie spezialisiert. Zu ihren Referenzen zäh len beispielsweise der Österreichische Pferdesportverband. Johanna Constantini ist selbst Reiterin und hat gerade ihr zweites Kind bekommen. Sie sind beruflich selbstständig, Mutter und Reiterin und profitieren aus dieser Pers pektive sicher auch persönlich von ihrer fachlichen Expertise als Psychologin. Sehen Sie bei Pferdemenschen ein spezielles Muster im Hinblick auf Stress, Zeitmanage ment und Bewältigungsstrategien? Alle Menschen, die mit Pferden zu tun haben, auf diese Punkte zu pauschalisieren, wäre denke ich zu einfach. Jedoch zeigt sich sehr wohl, dass durch das Zusammen sein und die Arbeit mit dem Pferd gewisse Fähigkeiten erlernt werden sollten. Neben einem hohen Maß an Verantwortungsbewusstsein für das Lebewesen Pferd sollte ein gutes Zeitmanagement gegeben sein. Die eigenen Emotionen dabei stets zu regulie ren, stellt aus psychologischer Sicht einen weiteren wichtigen Punkt dar. Wenn nega tive Emotionen an dem Sport- und Freizeitpartner Pferd ausgelassen werden, ist dies schlichtweg inakzeptabel. Als Arbeitspsychologin begleiten Sie Ihre Klientinnen und Klienten unter anderem, um dem „Leistungsdruck standzuhalten und dank individueller Strategien und Stär ken in ein Gleichgewicht zu gelangen“. Lassen sich daraus Tipps für Reiterinnen und Reiter ableiten? Auch hier spielt das vorhin angesprochene Zeitmanagement eine wichtige Rolle. Da bei geht es auch darum, in bestimmten Phasen mit knapperen Ressourcen auszu kommen. Vor allem dann, wenn Wettkämpfe anstehen, intensive Trainingseinheiten geplant werden müssen und dabei noch das Privat- und womöglich ein Berufsleben unter einen Hut gebracht werden sollen, rückt Erholung oft in scheinbar weite Ferne. In jenen Phasen ist es wichtig, sich kleine Auszeiten wie einen kurzen Spaziergang oder die ruhige Minute vor dem Betreten des Stalls zu gönnen. Inwiefern lassen sich die ressourcen- und stärkenorientierten Methoden der positiven Psychologie auch außerhalb des Turniersports anwenden? Das Zusammensein mit Pferden bietet allerhand Raum, um den eigenen Stärken auf den Grund zu gehen. Beispielsweise können Sie sich täglich notieren, was im Zusam mensein mit dem Pferd positiv gewesen ist oder auf welche Stärken Sie selbst zurück greifen konnten. Das stärkt nachweislich das Selbstvertrauen und den Selbstwert und unterstützt sowohl im Turnier- wie auch im Freizeitbereich. Unmittelbar helfen kann beispielsweise: · sich Post-its in den Sattelschrank zu heften, auf denen steht, welche eigenen Eigen schaften sich positiv auf die Zusammenarbeit mit dem Pferd auswirken; · jeden Tag vor dem Schlafengehen aufschreiben, was an dem Tag im Stall gut gelau fen ist; · ein handschriftliches Trainings- und Reittagebuch zu führen, um festzuhalten, was Spaß macht und wo man sich und das Pferd noch verbessern möchte; · den eigenen Gebrauch von Social Media zu hinterfragen, um nicht Gefahr zu laufen, sich ständig virtuell zu vergleichen.

Dieses „Sich-Gestatten“ ist ein lohnenswerter Lernprozess. Und wer sich selbst gegen über achtsam ist, dem fallen vielleicht weitere Dinge auf, merkt die Beraterin an:„Warum

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