Blick in "Wissensheft Atemwegserkrankungen"

Vitalwerte

Vitalwerte

Puls Die Herzfrequenz beträgt im Ruhezustand 25 bis 44 Schläge pro Minute. Sie ist erhöht bei Schmerz, Aufregung, Krankheit und Belastung. Atmung Die Atemfrequenz beträgt in Ruhe normalerweise 8 bis 16 Atemzüge pro Minute (die Grenzwerte können je nach Quelle etwas variieren). Bei großer Hitze kann sie erhöht sein, ohne dass eine Erkrankung vorliegt, da der Körper über die Atmung Wärme abgibt, um sich abzukühlen. Bei Equinem Asthma ist der Atemwiderstand durch die krankhafte Verengung der Atemwege erhöht. Hier führe die Erkrankung zu einer erhöhten Atem frequenz, sagt Veronika Klein. Sie nennt weitere Faktoren, die die Atmung beschleuni gen: „Infekte führen oft zu einer erhöhten Atemfrequenz, noch bevor die Pferde anfangen zu husten – Husten ist ein Spätsymptom. Bei Belastung und Training er höht sich der Sauerstoffbedarf. Daher ist eine Erhöhung der Atemfrequenz in diesem Fall ganz normal. Bei Schmerzen und Stress sind sowohl Atem- als auch Pulsfrequenz erhöht. Diese Veränderungen sind nicht krankhaft, sondern eine Verhaltensanpassung an die Umgebung.“ Eine Besonderheit stellen die Isländer dar:„Bei ihnen sind in Ruhe 16 bis 20 Atemzüge pro Minute die Norm. Diese im Vergleich zu anderen Pferden erhöhte Atemfrequenz ist bei ihnen rassetypisch“, erklärt Veronika Klein. „Puls und Atmung sind bei Pferden mit chronischen Atemwegserkrankungen immer in Korrelation zu betrachten“, betont sie. Im Training steigt mit der Intensität der Arbeit auch die Atemfrequenz. Bei leichter Arbeit liegt die Atemfrequenz bei 30 Zügen pro Mi nute und das Verhältnis von Puls zu Atmung etwa bei zwei zu eins. Der Puls ist definitiv höher als die Atemfrequenz. Bei mittlerer Arbeit verschiebt sich das Verhältnis in Rich tung eins zu eins bei einer Atemfrequenz von 90 Zügen pro Minute. „Der Puls ist dann immer noch höher oder gleich der Atemfrequenz. Nach der Belastung wird die Atmung für die CO₂- und Wärmeabgabe genutzt. Deshalb bleibt die Atmung länger erhöht als der Puls. 30 Minuten nach dem Training sollte der Puls wieder höher als die Atmung sein und die Atemfrequenz unter 40 liegen. Ist das nicht der Fall, ist das ein Alarmzei chen“, erklärt Veronika Klein. Insbesondere bei Asthmapatienten kann es schnell zu ei ner Überbelastung kommen.„Die Atemfrequenz ist dann während der Belastung höher als der Puls – das Verhältnis Puls zu Atmung von zwei zu eins kehrt sich um. Auch bei gesunden Pferden gilt: Wenn die Atemfrequenz während der Arbeit oder unmittel bar danach höher ist als der Puls, ist das Pferd überanstrengt, überfordert oder in seinen Möglichkeiten erschöpft. Bei Asthmapatienten sollte dies unbedingt über wacht werden.“ Veronika Klein empfiehlt, bei erkrankten Pferden die Werte regelmäßig in einem Lungentagebuch zu notieren, um Muster im Krankheitsverlauf zu erkennen. Temperatur Die normale Körpertemperatur liegt im Ruhezustand zwischen 37,0 und 38,2 Grad. Bei Atemwegsinfekten kann sie erhöht sein. Im Training steigt sie auf 39,0 bis 40,0 Grad an. Veronika Klein erklärt dazu: „20 bis 30 Minuten nach Ende der größten Belastung soll sie wieder den Ausgangswert erreicht haben. Die Absenkung beträgt im Normalfall ein

Ruhewerte:

grün

gelb

rot

+/- 2 Schläge/min Normalwert

+/- 4-6 Schläge/min Normalwert

+/- > 6 Schläge/min Normalwert

Puls

Atmung

8-14 Züge/min

14-18 Züge/min

18 Züge/min

+/- 0,4°C Normaltemperatur

+/- 0,5°C Normaltemperatur

+/- 0,6°C N Normaltemperatur

Temperatur

Grafik: DS, Quelle: Veronika Klein

Grad pro zehn Minuten. Sie ist aber abhängig von Außentemperatur, Luftfeuchte und Luftbewegung.“

Keine Aussage ohne weitere Untersuchungen Um eine Atemwegserkrankung zuverlässig zu diagnostizieren, ist neben der Erfassung der Vitalwerte eine Vielzahl weiterer Maßnahmen erforderlich, betont Veronika Klein:„Al lem voran benötige ich den Vorbericht und eine Anamnese. Dann folgen eine klinische Allgemeinuntersuchung und eine spezielle Untersuchung der Atemwege in Ruhe und unter Belastung. Neben Untersuchungen von Nasenhöhlen, Lungenfeld, Luftröhre und Lunge liegt hier das Augenmerk auch auf Auffälligkeiten der Symmetrie des Kopfes oder geblähten Nüstern.“ Zu den weiteren Untersuchungen zählen die Bronchoskopie mit Tracheobronchialsekretgewinnung und die Bronchoalveoläre Lavage, kurz BAL, auf die Veronika Klein noch einmal ausdrücklich hinweist, denn: „Nur die BAL gibt spezifischen Aufschluss über eine Erkrankung der unteren Atemwege. Diese kann mit einer Broncho skopie nicht nachgewiesen werden.“ Die Lungenfunktion kann mit einer arteriellen Blut gasanalyse bestimmt werden. Laut Veronika Klein können in einigen Fällen auch bildge bende Verfahren wie Röntgen oder Ultraschall sinnvoll sein. (Karin Ottemann)

Informationen über Dr. Veronika Klein finden Sie auf ihrer Internetseite www.kernkompetenz-pferd.de Ihr Lungentagebuch steht unter www.kernkompetenz-pferd.de/lungen-tagebuch/ zum kostenlosen Download zur Verfügung. Lesetipp Dressur-Studien | Fair zum Pferd:„Das Notfall-Heft: Erste Hilfe!“, Heft 3/2019, Ausgabe 55

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DS 03/23

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