Blick: Die Arbeit am Langen Zügel

Literatur

„Ratschläge eines alten Reiters an junge Reiter“ die Möglichkeit, sie als Hilfe in der Aus- bildung junger Pferde zu nutzen und verdeutlicht gleichzeitig, was diese Art der Lang- zügelarbeit von der klassischen Arbeit am Langen Zügel unterscheidet: „Die Arbeit an den langen Zügeln kann eine kostbare Hilfe bei der Ausbildung des Pferdes sein (…). Ich spreche nicht von der Vorstellung eines fertigen Pferdes am langen Zügel. Dazu bildet man ein Pferd zunächst aus, und wenn es fertig ist, kann man die Bewegungen, die ihm schon bekannt sind, an den langen Zügeln ausführen lassen (…). In der Hohen Schu- le müssen diese Vorführungen mit Zügeln ausgeführt werden, die vom Pferdemaul in die Reiterhand gehen, ohne durch Ringe zu laufen; der Reiter muss ganz nahe am Pferd sein. Bei der Arbeit am langen Zügel, wie sie als Hilfe zur Ausbildung ins Auge gefasst wird, muss man Ringe benutzen und wissen, wo diese anzubringen sind, je nachdem wie hoch man das Pferd einstellen will.“ Insofern wird laut Oliveira bei der Arbeit mit jun- gen Pferden anders als bei der klassischen Arbeit am Langen Zügel ein Longiergurt mit Ringen verwendet, durch welche die Zügel von der Hand zum Maul laufen, wobei der Ausbilder sich weiter vom Pferd entfernt bewegt als bei der klassischen Arbeit am lan- gen Zügel. Bei Jungpferden ist das aus Sicherheitsgründen eine Notwendigkeit. Auf die- se Weise rahmen die Zügel das Pferd ein und geben ihm Führung. Bei jungen Pferden hält Oliveira die Langzügelarbeit deshalb dort für sinnvoll, wo es darum geht, das Pferd ohne Anlehnung der Bande gerade zu halten: „Für junge Pferde bewährt sich hervorra- gend die Arbeit am langen Zügel auf gerader Mittellinie und auf geometrischen Zirkeln ebenso wie das korrekte Anhalten.“ Verschiedene Ausbilder haben diese Art der Langzügelarbeit als Vorbereitung des jun- gen Pferdes auf die Arbeit unter dem Sattel und an der Doppellonge genutzt und ihr Vorgehen auch in Buchform festgehalten. So beschreibt Fritz Stahlecker (1925–2018) in „Das motivierte Dressurpferd“ (2000) die Führung des Pferdes in den „Handleinen“ (während des ersten Ausbildungsstadiums der „Hand-Sattel-Hand-Methode), wobei die Leinen allerdings statt durch Ringe direkt vom Kopf des Pferdes zur Hand laufen: „Der Reiter geht hinter dem Pferd und rahmt mit den Leinen die Hinterhand ein. Die äuße- re Leine treibt gegebenenfalls unter Mitwirkung der langen Gerte seitwärts und verhin- dert ein zu weites Hereinstellen der Schulter. Die innere Leine zeigt dem Pferd den Weg. Die Leinen sind vorzugsweise in den Kappzaum eingeschnallt.“ Auch er verweist darauf, dass der Ausbilder sich um seiner eigenen Sicherheit willen zunächst in einem weiteren Abstand hinter dem Pferd bewegen muss, solange das Pferd noch nicht völlig vertraut mit dieser Arbeit ist. Er betont, dass dem Pferd die notwendige Zeit gegeben werden muss, um dieses Vertrauen aufzubauen: „Der Ausbilder wird, sobald er das Vertrauen des Pferdes gewonnen hat, seinen Abstand von diesem immer wieder verringern. Dies bei entsprechend verkürzten Leinen. (…) Die Dauer der Vertrauensphase ist von Pferd zu Pferd unterschiedlich. Ein vertrautes Pferd schlägt nicht, wenn es nicht zur Gegenwehr gezwungen wird.“ Auch, um dem jungen Pferd die ersten Schritte in den Seitengängen nahezubringen, ist diese Art der Langzügelarbeit mit Longiergurt hilfreich. Der französische Ausbilder und Gründer der Ecole de Légèreté Philippe Karl (* 1947) nutzt sie bei der Arbeit mit der

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