Blick: Ausgabe 2 "Fair zur Fellnase" Best Buddies
Bindung in der Forschung Beziehung und Bindung in der Forschung
Der ungarische Verhaltensbiologe Ádám Miklósi war der erste Forscher, der das Bindungsverhalten von Hunden untersucht hat. Er ist Professor für Ethologie an der Eötvös-Loránd-Universität Budapest und Leiter des ethologischen Lehrstuhls und des Family Dog Project. Das Projekt ist die größte Forschungsgruppe in Euro pa, die sich ausschließlich mit demVerhalten von Hunden beschäftigt. Herr Miklósi, wie definieren Sie Beziehung und Bindung? Den Unterschied zwischen Beziehung und Bindung kann ich aus ethologischer Sicht beschreiben: Die Beziehung ist eher oberflächlich zwischen zwei Lebewesen, zwischen zwei Menschen oder zwischen einem Tier und einem Menschen. Bindung hingegen ist eine tiefergehende Art der Beziehung, in der sich die Partner in dividuell erkennen und ein gewisses Gefühl der Sicherheit füreinander bieten. Darüber hinaus ist das Erkundungsverhalten ein wichtiger Orientierungspunkt innerhalb der Bin dung, ebenso wie der soziale Kontakt. Es gibt auch verschiedene Typen und Grade der Bindung. Sie umschreibt ein Verhaltenssystem, deshalb wäre der treffendere Begriff der des „Bindungssystems“. Innerhalb dieses Systems unterscheiden wir wieder zwischen unterschiedlichen Bindungstypen. Wie beschreiben Sie die sichere Bindung? Die sogenannte „sichere Bindung“ wäre eigentlich mit der Formulierung„ausbalancierte Bindung“ noch treffender beschrieben. Das bedeutet: Hier liegt ein ausgewogenes Ver hältnis vor zwischen Erkundungsverhalten („Ich bin offen und schaue mir die Welt an“), dem Wunsch nach sozialer Nähe und Interaktion („Ich möchte bei dir sein“) und dem natürlichen Bedürfnis nach Sicherheit, denn die Umgebung ist voll von potenziellen Ge fahren. Jede Bindung ist von beiden Partnern beeinflusst und entwickelt sich durch an dauernde Wechselwirkung. Balanciert bedeutet also, dass jeder Hund oder jedes andere Lebewesen, das in einer Bindung lebt, neue Erfahrungen und soziale Kontakte braucht, nicht nur mit seinem Be sitzer, sondern auch mit anderen Menschen in seiner Umgebung. Es ist wichtig, Zeit mit ihnen zu verbringen, aber auch Zeit mit dem Besitzer. Wenn es ein Gleichgewicht gibt und der Hund Vertrauen in seinen Besitzer hat, dass dieser nicht einfach aus seinem Le ben verschwindet, dann ist das eine sichere und ausbalancierte Bindung. Und die unsichere-vermeidende Bindung wird wie definiert? Wenn ein Hund in einer solchen Situation lebt, bedeutet dies, dass er seine Bezugsper son nicht als wichtigen Teil seines Lebens ansieht und sich auch allein wohlfühlt. Ähnlich wie manche Menschen, die gern allein sind und damit keine Probleme haben – wobei das natürlich nur ein ganz kleiner Anteil ist. Dies ist nicht unbedingt eine Absicht zum
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