4/19 Blick ins Heft

Blick ins Heft 4/19

04/19 Dezember 2019 bis März 2020

8,90 EUR (D) 9,80 EUR (A) 17,80 SFR (CH) 9,90 EUR (BeNeLux) 11,60 EUR (ES, I)

Gymnastizieren mit Stangen, Cavaletti &Co.

IngridKlimke: PraktischeTipps und Übungsreihen

Biomechanik Bauch, Beine, Po: Cavaletti statt Fitnesscenter

EckartMeyners: Der leichteSitz

JörgKreutzmann: Voneiner Stange zumParcours

Jahrgang XV | ISSN 1860-3963

Das Magazin zur Aus- und Weiterbildung von Reiter und Pferd www.dressur-studien.de | www.fair-zum-pferd.de

ABONNIEREN SIE UNS! Mit unserem Jahresabo erhalten Sie vier Hefte frei Haus! Ab 30,00 Euro www.dressur-studien.de Oder rufen Sie uns an: +49(0)2688/988 6538

Liebe Leserinnen und Leser, Stangen- und Cavalettiarbeit sind nicht nur für den Reiter eine willkommene Abwechslung im Trainingsalltag. Auch die Pferde profitieren davon: Endlich einmal ist durch die Hinder- nisse sichtbar, was der Mensch auf seinem Rücken da oben von ihm will. Unser Heft ist randvoll mit Tipps, wie Sie Ihr Pferd gezielt durch diese Arbeit gymnastizieren können und das für Reiter und Pferd mit viel Freude. Und falls Sie sonst kleine Sprünge meiden: Probieren Sie es doch trotzdem einmal aus! Vielleicht sind Sie ganz überrascht, welches Springtalent Ihr Pferd an den Tag legt. Ein kleiner Hinweis in eigener Sache: Gehören Sie auch zu denjenigen, die die Dressur-Studien fein säuberlich im Regal nebeneinander aufstellen? Dann ist es Ihnen vielleicht schon aufgefallen: Der Buchrücken unserer Ausgabe 3/19 ist eigent- lich der, der auf der 4/19 zu sehen sein sollte. Wer also ähn- liche „Monk-Qualitäten“ wie ich hat, muss jetzt das Heft 4/19 vor die 3/19 ins Regal stellen. Dann ergibt sich wieder das passende Rückenbild.

Editorial

Viel Vergnügen bei der Lektüre dieses Heftes wünscht Ihnen Ihre

Claudia Sanders

Orgulloso und Claudia Sanders. Foto: www.slawik.com

3

DS 04/19

Gymnastizieren mit Stangen, Cavaletti & Co.

Editorial (Claudia Sanders)

3

Biomechanik: Bauch, Beine, Po – Cavaletti statt Fitnesscenter (Karin Link, MichaelaWieland, Ralf Döringshoff) 8

Die Ausrüstung – gekauft und do it yourself (Hanna Meier) Damit aus Lust kein Frust wird: Voraussetzungen für Stangen- und Springgymnastik (Johannes Beck-Broichsitter, Marta Lewandowski Ab und zu oder regelmäßig? Cavaletti im Trainingsplan (Claudia Götz, Kathrin Roida) Mit System: Stangen und Cavaletti in der täglichen Arbeit (Nick Mott)

16

21

26

Inhalt

29

Eckart Meyners: Von wegen leicht – Vom leichten Sitz und vom Springsitz

38

Stangenarbeit: Höchste Konzentration für Reiter und Pferd (John Fernand Marti) Cavalettiarbeit: Die richtigen Abstände (Roland Boost) Springgymnastik: Immer entspannt bleiben (Dr. Inga Wolfram)

46 48 50 52

Sonderfall: Das Freispringen (Claudia Götz)

Cavaletti- und Stangenarbeit als Mittel zur Versammlung (Marta Lewandowski)

56

Praktische Tipps und Übungsreihen

Ingrid Klimke: Cavalettiarbeit im Einklang mit der klassischen Reitlehre

62

Regina Johannsen: Training mit kreativen Wegweisern

70 76 80 84 88

Bibi Degn: Die Entdeckung der Langsamkeit

EberhardWeiß: Cavaletti sind fester Bestandteil der Reitlehre Christoph Ackermann: „Losgelassenheit ist das höchste Gut“

Kathrin Roida: „Wir müssen vielseitig bleiben“

Jörg Kreutzmann: Von einer Stange zum Springparcours

94

Blick in die Literatur: Balance statt strenger Kontrolle

102

(Cora von Hindte-Mieske) Sport mit Tradition: „Eine Jagd ist kein Rennen“ (Petra Schlemm) 106

4

DS 04/19

Allerlei

Serie: Das Auge schulen (Karin Link, Jan Nivelle)

111

Fair zum Pferd-Campus

122

Adventskalender

123

Wenn das Veterinäramt nicht klingelt ... (Nils Michael Becker)

126

Glosse Mr.P. & Me: Tatort Tränke

128

Impressum

129

Vorschau Heft 1/2020

130

Foto Titelbild und Inhaltsverzeichnis: www.slawik.com Redaktionsanschrift: Birkenweg 10, 57629 Mörsbach, Tel.: 02688/988 65 38 Die Namen in Klammern bezeichnen die Autoren oder Interviewpartner des jeweiligen Artikels. Farblich markierte Artikel kennzeichnen Titelthemen.

5

DS 04/19

6

DS 04/19

„Die beste Hilfe, die wir einem Pferd beim Springen geben können, wird immer darin bestehen, ihm diejenigen Möglichkeiten zu schaffen, die eine zweckmäßige Bewältigung der betref- fenden Hindernisse ermöglichen.“ Oberst Waldemar Seunig (deutscher Kavallerist, 1887–1976.)

Foto: www.slawik.com

7

DS 04/19

Biomechanik Biomechanik Bauch, Beine, Po: Cavaletti statt Fitnesscenter

DS 04/19 Auch für Karin Link ist Stangen- und Cavalettiarbeit ein wichtiges Trainingsmittel zur Stärkung der Rumpfträger. Sie ergänzt: „Dadurch, dass das Pferd zu mehr Aktion in 8 Stangen- und Cavalettiarbeit gelten als hervorragende Trainingsmethoden, um das Pferd fit zu machen – zu Recht. Denn dabei werden viele Muskeln und Mus- kelgruppen trainiert, die das Pferd benötigt, um sich harmonisch bewegen zu können. Am gesundheitlichen Nutzen des Springens scheiden sich dagegen die Geister. Um zu verstehen, was das Training mit den Stangen bewirken und wann es schaden kann, lohnt sich der Blick auf die biomechanische Sicht der Dinge. Stangen- und Cavalettiarbeit: Rundum gymnastiziert Karin Link, Sportpferdetherapeutin aus Siegburg, ist überzeugt von den Vorteilen der Stangen- und Cavalettiarbeit. Denn: „Das Pferd lernt, sich besser auszubalancieren, der Takt wird verbessert, der Rücken kommt zum Schwingen und wichtige Muskelgruppen werden trainiert.“ Auch die Pferde-Osteotherapeutin Michaela Wieland aus Bönnigheim setzt Stangenarbeit an der Longe gern im Rahmen der Therapie ein. Sie erklärt, wie sich der Bewegungsablauf des Pferdes dabei verändert: „Das für mich wichtigste Kriterium ist, dass sich der Rücken aufwölbt und das Pferd sich im Widerrist öffnet. Es muss die Gliedmaßen mehr anheben. Die Hinterbeine fußen aktiver ab und werden, abhängig von den Abständen der Stangen, weiter nach vorn geführt. Die Vorhand greift ebenfalls weiter vor. Gleichzeitig senken sich Kopf und Hals.“ Eine wichtige Rolle beim Beugen der Hinterbeine – der Hankenbeugung – und ihrem Vorführen spielen der vierköpfige Kniegelenkstrecker (Musculus quadriceps femoris), der vom Darmbein zu Knie und Unterschenkel verläuft, sowie die Iliopsoasmuskula- tur als Hüftbeuger, erklärt Michaela Wieland. Durch das Anspannen der Beckenmusku- latur wird auch die Bauchmuskulatur aktiviert. „Dies bewirkt wiederum das Aufwölben des Rückens, was das Schwingen der Wirbelsäule erst ermöglicht“, führt Karin Link aus. An der Beugung und Streckung der Hinterbeine sind weitere große Muskeln beteiligt, die bei der Arbeit über Stangen und Cavaletti vermehrt beansprucht werden. „Zu ihnen zählt vor allem der zweiköpfige Oberschenkelmuskel, der Musculus biceps femoris, als einer der wichtigsten Muskeln zur Entfaltung von Schubkraft. Auch die über die Krup- pe ziehenden Glutealmuskeln, die die Hüfte strecken beziehungsweise beugen, werden stärker gefordert“, sagt Karin Link. Michaela Wieland beschreibt, was gleichzeitig in der Vorhand abläuft: „Die Vorderbeine werden ebenfalls stärker gebeugt. Dies führt dazu, dass sich das Schulterblatt weiter nach hinten bewegt. Das Vorderbein wird dadurch in die Lage versetzt, aus der Schulter heraus weiter nach vorn zu greifen. Durch den vergrößerten Bewegungsradius des Schulterblatts wird die zu den Rumpfträgern gehörende Serratus-Muskulatur trai- niert.“ Diese besteht aus einemHalsanteil, demMusculus serratus ventralis cervicis, und einem Brustanteil, dem Musculus serratus ventralis thoracis, und verbindet das Schulterblatt mit den unteren Halswirbeln und den ersten acht Rippen.

Biomechanik

den Gliedmaßen veranlasst wird, wird auch die Brustmuskulatur, insbesondere der Mus- culus pectoralis profundus, der Brustbein und Oberarm verbindet, trainiert.“ Die Akti- vität im Vorderbein fördert außerdem den richtigen Bewegungsablauf, betont Mi- chaela Wieland: „Die Vordergliedmaße wird über den Stangen durch den Einsatz der Schultermuskulatur korrekt nach vorn geführt und nicht durch den Kopf-Arm- Muskel, den Musculus brachiocephalicus.“ Dieser bringt insbesondere in der absolu- ten (nicht klassischen) Aufrichtung das Bein nach vorn, indem er das Buggelenk nach oben zieht. Karin Link erklärt, warum das Pferd bei der Arbeit über Stangen automatisch eine Vor- wärts-abwärts-Haltung einnimmt: „Durch die Stangen wird seine Aufmerksamkeit ge- weckt. Ist der Blick auf sie gerichtet, senken sich Kopf und Hals. Dabei ermöglicht der schwingende Rücken, den Hals aus der Schulter heraus fallen zu lassen. Die S-Kurve der Halswirbelsäule wird gerader und der Ganaschenwinkel größer. Das Pferd öffnet sich körperlich, aber auch mental.“ Da sich das Okzipitalgelenk zwischen dem Hinterhaupts- bein und dem ersten Halswirbel öffnet, entspannt sich das Nackenband in diesem Be- reich. Für Karin Link ist dies ein wichtiger Aspekt: „Vor allem das kontinuierliche Reiten hinter der Senkrechten oder in Rollkur führt dazu, dass hier häufig starke Spannungen auftreten.“ Einen zusätzlichen Trainingseffekt sieht Michaela Wieland beim Überwinden von Stangen und insbesondere Cavaletti im Galopp. „Bei guter Arbeit der Hinterhand hebt das Pferd seinen Brustkorb über die Rückenfaszie und den langen Rücken- muskel, den Musculus longissimus thoracis et lumborum, deutlich an. Mit dieser Arbeit stärke ich daher die Rückenmuskulatur sowie die Bauchmuskulatur als Ge- genspieler.“ Abstände und Höhe langsam steigern Die Abstände zwischen den Stangen müssen der Schritt- oder Trittlänge beziehungswei- se der Länge des Galoppsprungs des jeweiligen Pferdes angepasst sein. Werden die Ab- stände vergrößert, führt das dazu, dass das Pferd seinen Rahmen erweitern muss. „Im Prinzip ähnlich wie bei einer Trabverstärkung. Der Vorteil ist aber, dass es durch das stär- kere Anheben der Gliedmaßen im Rumpf aktiver ist und nicht so leicht den Rücken weg- drücken und sich entziehen kann“, macht Michaela Wieland deutlich. Sie erklärt weiter: „Dadurch, dass die Hinterbeine weiter nach vorn fußen, dehnen sich die langen Sitzbein- muskeln und ebenso die Glutealmuskulatur, die wiederum mit der langen Rückenmus- kulatur verbunden ist. Diese wird insbesondere im Bereich der Lende gedehnt.“ Durch das vermehrte Vorgreifen der Vorderbeine komme es außerdem zur aktiven Dehnung des breiten Rückenmuskels (Musculus latissimus dorsi). Dieser bei vielen Pferden ver- spannte Muskel entspringt an der Rückenfaszie und setzt im oberen Bereich des Ober- arms an. In der Stützbeinphase hat er die Aufgabe, den Rumpf über das stehende Bein zu ziehen. „Der Trainingseffekt auf alle in der Stangen- und Cavalettiarbeit beanspruchten Strukturen steigt mit zunehmender Höhe“, sagt Karin Link. Stehen die Cavaletti auf höchster Stufe, muss sich das Pferd deutlich im Rahmen öffnen und seine Oberlinie aufdehnen. „Die Arbeit über höher liegende Stangen ermöglicht, den Bewegungs-

10

DS 04/19

Biomechanik

Hier sichtbar gemacht, welche Muskelpartien beim Absprung alle arbeiten. Foto mit freundlicher Genehmigung aus dem Buch von Gillian Higgins „Anatomie verstehen – Gesundheitsfördernd reiten“, Kosmos, 2017.

radius der Gelenke optimal zu erhalten oder zu verbessern. Auch die Beweglichkeit der Wirbelsäule profitiert davon“, ist Karin Link überzeugt.

Nur richtiges Training bringt gute Ergebnisse Positive Trainingseffekte sind aber nur zu erwarten, wenn das Pferd die Reihen losge- lassen und in gleichmäßigem Tempo absolviert. Klein anfangen und langsam steigern, lautet daher die Devise. „Das gilt sowohl für die Anzahl der Stangen als auch die Abstän- de“, sagt Michaela Wieland. Stangenarbeit auf einer gebogenen Linie ist eine gute Mög- lichkeit, die Muskulatur auf der jeweils äußeren Seite des Pferdes zu dehnen. „Das Pferd muss dazu aber in der Lage sein, sich an der Longe ebenso wie unter dem Reiter korrekt zu biegen“, merkt Michaela Wieland an und fügt hinzu: „Wichtig ist, auch bei der Stan- genarbeit darauf zu achten, dass sich das Pferd immer gut an die Hand herandehnt.“ Ka- rin Link formuliert es so: „Der Reiter muss dem Pferd die nötige Freiheit, aber gleichzeitig auch mit Schenkeln und Zügeln eine Führung geben. Dazu sollte er darauf achten, in der Balance zu bleiben und nicht nach vorn zu kippen.“ Für sie ist insbesondere die Stangen- arbeit an der Longe von hohem gymnastischen Wert: „Das Pferd lernt dabei besser, sich auszubalancieren und seinen Rhythmus zu finden. Ohne das Reitergewicht kommt der Rücken auch besser zum Schwingen.“ Springen: Krafttraining für die Hinterhand Springen wird von manchen Reitern abgelehnt mit der Begründung, dass es nicht pfer- defreundlich sei. Doch das Springen generell zu verteufeln, findet Ralf Döringshoff nicht

11

DS 04/19

Made with FlippingBook - Online catalogs