Huf-Heft: Blick

Biomechanik

sentlichen die Körperlast trägt. Die konkav gewölbte Hufsohle sinkt bei Belastung ge- ringfügig ab und wirkt dadurch stoßdämpfend. In die Sohle schiebt sich keilförmig der aus weichem Horn bestehende Strahl. Stephan Becker, Hufbeschlaglehrschmied und of- fizieller Hufschmied der Tierärztlichen Klinik Isernhagen, erklärt: „Er verformt sich beim Auffußen und dient dabei ebenfalls als Stoßdämpfer. Seine vielen Sinneszellen liefern dem Pferd außerdem Informationen über den Untergrund. Der Strahl hat also eine wich- tige Funktion für den Tastsinn des Pferdes und ermöglicht ihm, Bodenunebenheiten auszugleichen. Damit der Strahl diese Aufgaben erfüllen kann, muss er gut entwickelt und nah am Boden sein“, sagt der Schmied und betont: „Strahlfäule beeinträchtigt seine Funktion und ist deshalb als ernstzunehmende Hufkrankheit anzusehen.“ Dem hinteren Teil des Hufs, in dem der Tragrand mit den Trachten endet, gilt das Haupt- augenmerk bei der Hufbearbeitung, sind sich Stephan Becker und Konstanze Rasch, Huforthopädin und Präsidentin der Deutschen Huforthopädischen Gesellschaft e.V., einig. „In diesem Bereich ist die Hufwand nach innen umgeklappt – hier befinden sich die Eckstreben. Sie bilden, wie der Name sagt, eine Verstrebung, die in diesem Teil die Elastizität einschränkt und ihn stabilisiert“, erklärt die Huforthopädin. Je nach Pferdetyp sind sie unterschiedlich stark ausgeprägt: „Bei schweren Pferden müssen sie stärker sein als bei leichteren.“ Bei der Hufbearbeitung sei daher wichtig, die notwendige Stabilität zu erhalten. Bei der Hufpflege sollte besonders darauf geachtet werden, dass kein Dreck und damit Fäulnisbakterien in die Eckstreben eindringen, da dies schnell Hufgeschwüre verursachen kann. Unter der Hufkapsel liegt die Lederhaut – hier beginnt das sogenannte „Leben“, also das im Gegensatz zur Hufkapsel empfindliche Hufinnere. Die Lederhaut besteht aus Kolla- genfasern, die die Kräfte vom Hufbein auf die Hufkapsel übertragen, und ist von zahl- reichen Blutgefäßen und Nerven durchzogen. Ausgehend von den Lederhautblättchen und -zotten bilden sich die Hornröhrchen und -blättchen der Hufkapsel. Beide Schichten sind daher fest miteinander verbunden. „Diese stabile Verbindung ist ein wichtiger Be- standteil des Aufhängeapparates des Hufbeins, des Hufbeinträgers“, macht Jenny Hagen deutlich und erläutert: „Das Hufbein ist das zentrale Element zur Kraftübertragung vom Skelett auf die Hufkapsel und weiter auf den Boden. Über den Hufbeinträger ist dieser Knochen, und damit die Gliedmaße und letztlich das ganze Pferd, imHornschuh des Hufs aufgehängt.“ Das Hufbein besitzt zwei seitliche Äste, an denen jeweils eine elastische Knorpelplatte, der Hufknorpel, sitzt. Dieser kann an beiden Seiten des Hufs oberhalb des Kronrandes ertastet werden. In diesem Bereich ist das extrem verzweigte Venengeflecht, das die ganze Huflederhaut durchzieht, besonders stark ausgeprägt. „Das Auseinander- driften der Hufknorpel bei Belastung und die anschließende Entspannung fördern die Durchblutung“, so die Tierärztin. An der Oberseite des Hufbeins setzt die Strecksehne, an der Unterseite die tiefe Beugesehne an. Gemeinsammit dem benachbarten Kronbein und dem Strahlbein bildet es das Hufgelenk. „Es hat einen großen Bewegungsspielraum in Beugung und Streckung und ermöglicht auch Seitwärts- und Drehbewegungen um etwa 15 bis 18 Grad. Dadurch kann es beim Fußen Bodenunebenheiten ausgleichen“, so Jenny Hagen. Zwischen dem Strahlbein und der tiefen Beugesehne befindet sich als Stoßdämpfer der Hufrollenschleimbeutel. Im oberen hinteren Bereich des Kronbeins set- zen die beiden Schenkel der oberflächlichen Beugesehne an.

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DS 04/17

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