Blick ins Mutmach-Heft
Unsere Ausgabe Nummer 70!
02/23 | Ausgabe 70 Juni 2023 bis September 2023 9,40 EUR (D)
Campus
Das Mutmach Heft!
DAS AUGE SCHULEN
SERIE
MIT WISSEN UND FREUDE AUSBILDEN!
Jahrgang XIX | ISSN 1860-3963 | ISBN 9783-910812-000 dressur-studien.de | fair-zum-pferd.de
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„Orgulloso, was hältst Du eigentlich von den neuen ‚Pferdeprofis‘?“ Foto: www.slawik.com
Liebe Leserinnen und Leser,
Vox gehört nicht gerade zu den TV-Sendern, die ich täglich konsumiere, aber für die neue Staffel„Pferdeprofis“ habe ich eine Ausnahme gemacht – und war fas sungslos. Der neue „Pferdeprofi“ Uwe Weinzierl geht brutal vor, gibt offen tier schutzwidrige Praktiken zu. Produzent der Sendung ist die Firma „Mina TV“ von Hundeprofi Martin Rütter. Dieser reagierte auf die ausgelöste heftige Debatte und lud zu einer Diskussion ein. Auch ich wurde gefragt, ob ich daran teilneh men wolle. Dummerweise sagte ich zu – denn erreicht habe ich nix, null, nada. Andererseits: Schweigen ist auch keine Option, wenn Pferde so offensichtlich gequält werden. Die ganze traurige Geschichte lesen Sie ab Seite 102. Und jetzt höre ich auf zu schimpfen, denn schließlich soll dieses Heft ein „Mut mach-Heft“ sein. Und das ist es auch geworden: Wir haben für Sie eine ganze Reihe von Strategien zusammengestellt, wie Sie mit problematischen Situatio nen rund ums Pferd umgehen können. Besonders freue ich mich über Ihre Erfahrungsberichte, die uns so zahlreich er reicht haben, dass wir leider nicht alle abdrucken konnten. Diese berührenden Mutmachgeschichten finden Sie ab Seite 66.
Viel Vergnügen bei der Lektüre wünscht Ihnen Ihre Claudia Sanders
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Das Mutmach-Heft
Allerlei Chronik einer angekündigten Farce um„Die Pferdeprofis“: Martin Rütter macht sich die Welt, wie sie ihm gefällt (Claudia Sanders)
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Editorial (Claudia Sanders)
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Neues aus der Wissenschaft: Motivation bei Tieren (Dr. Diana Krischke)
Strategien Abschied vom Perfektionismus und raus aus der Sorgenfalle (Dr. Gaby Bußmann, Tania Konnerth) Nur 24 Stunden? Strategien für ein gutes Zeitmanagement (Antje Liebe, Jessica von Bredow-Werndl, Johanna Constantini) Informieren und Akzeptieren: Wege aus dem Frust mit kranken Pferden (Dr. Angela Kurylas-Schneider, Conny Röhm) Strategien gegen Ausbildungsfrust (Linda Leckebusch-Stark) 32 Strategien gegen die„Profis an der Bande“ (Dr. Birgit Harenberg) 36 Wenn der innere Schweinehund uns voll im Griff hat – Wege zurück in die Motivation (Antje Heimsoeth) 40 Freude statt Frust: Das Pferd wieder motivieren (Dr. Vivian Gabor, Dr. Tuuli Tietze) 46 Das Pferd als Mutmacher und Spiegel (Hanne Weiß, Dr. Sonja Weingart, Bettina Engelstädter) 50 Tabuthema Trennung: Wann ist es Zeit loszulassen? (Katja Schnabel) 54 Kaja Grundmeyer: DIY-Tipps zur Sommerzeit 58 Aus der Redaktion: Noch mehr DIY (Nicole Weinhardt) 61 66 Alles unter einen Hut bringen: Zwischen Kindern, Job und Pferden 67 Warum es sich lohnt, noch einmal ganz von vorn zu beginnen 69 Die Geschichte von Cash und Cooper 74 Vom Angstreiter zum Ausreiter 76 Überfall, Verbrennungen und ganz viel Zuversicht 78 Zwischen Schulter- und Stoffwechselproblemen 79 Diagnose unreitbar und trotzdem geschafft 81 Isländer Elli – vom Jungpferd zum fünfgängigen Levadeur 84 Der Kampf gegen den Tumor – gewonnen! 89 Ein Pferd beim Altwerden begleiten bedarf Mut 94 Der letzte Gang und das Wissen:„Alles ist in Ordnung“ 100 8 14 22 28 Strategien gegen Betriebsblindheit (Marlitt Wendt) Mutmachgeschichten! 66 Kleine Schritte führen zum Erfolg
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Serie: Das Auge schulen (Karin Link und Jan Nivelle)
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Fair zum Pferd-Campus-Programm
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Alles was Recht ist: Erlaubt oder verboten? Fremde Pferde fotografieren (Nils Michael Becker)
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Glosse Mr.P. & Me: Immer Ärger mit dem Zimmerservice!
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Impressum
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Vorschau Heft 3/2023
Foto Titelbild und Inhaltsverzeichnis: www.slawik.com Redaktionsanschrift: Birkenweg 10, 57629 Mörsbach, Tel.: 02688/988 65 38 Die Namen in Klammern bezeichnen die Autoren oder Interviewpartner des jeweiligen Artikels.
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„Ein Pony zu haben ist ein Kindheitstraum, ein Pferd zu haben ein Vergnügen für Erwachsene.“ Rebecca Carrol (amerikanische Schriftstellerin, *1969)
Foto: www.slawik.com
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Abschied vom Perfektionismus
Abschied vom Perfektionismus
Abschied vom Perfektionismus und raus aus der Sorgenfalle
Typische Merkmale eines Perfektionisten: Übermäßige Planung und Organisation · ständige Aktionen und Anstrengun gen · übertriebene Detailgenauigkeit · extrem hohe Ansprüche · Überbetonung des Verstandes · Verdrängung von Emotionen · Wiederholungen, um das perfek te Ergebnis zu erreichen · übersteigertes Kontrollbedürfnis · immer den äuße ren Ansprüchen gerecht werden wollen · Nichtbeachtung der eigenen Grenzen · Entscheidungsschwierigkeiten · keine Hilfe annehmen wollen · es gibt nur zwei Sichtweisen: schwarz oder weiß, gut oder schlecht
Für einen Perfektionisten zählt nur eine vollendete Piaffe, ein makelloses Exteri eur und der Bewegungsablauf des Pferdes sollte ebenfalls großartig sein. Dazu wünscht er sich einen vorbildlichen Reitersitz, tadellose Trainings- und Haltungs bedingungen und natürlich sollte das Pferd tipptopp gesund sein. Die Ziele eines Perfektionisten sind anspruchsvoll – häufig zu anspruchsvoll, um sie in der Realität zu erreichen. „Ob sich perfektionistische Tendenzen positiv oder negativ auswirken, haben wir selbst in der Hand“, findet Sportpsychologin Dr. Gaby Bußmann. Sie betreut Athleten verschie dener Sportarten, unter anderem ist sie für die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) und das Deutsche Olympiade-Komitee für Reiterei tätig. Auch auf eigene Erfahrungen im Spitzensport kann die ehemalige Leichtathletin zurückblicken: Sie gewann 1984 bei den Olympischen Spielen in Los Angeles die Bronzemedaille im 4x400-Meter-Staffellauf. Perfektionismus definiert Gaby Bußmann als sehr hohen Anspruch an eine vollkomme ne oder fehlerfreie Ausführung.„Im Sport kann der Perfektionismus als Motor für Selbst verbesserung und Fortschritt dienen. Fehler können genutzt werden, um besser zu wer den. Besonders interessant finde ich auch, dass die Begriffe ‚gescheitert‘ und ‚gescheiter‘ sich nur durch einen Buchstaben unterscheiden“, sagt sie. Schaden tut Perfektionismus erst, wenn er zu einem reinen Schwarz-Weiß-Denken führt und die jeweilige Person kei ne positiven Dinge mehr wahrnimmt. „Für einen zu perfektionistisch veranlagten Reiter bedeutet jeder – auch so kleine – Fehler: das war jetzt komplett schlecht. Eine Sache ist nichts wert, solange sie nicht fehlerfrei ausgeführt wird. Dabei setzt sich der Perfektio nist so unrealistische Ziele, dass er diese niemals erreicht. Oft hemmt ihn sein An spruch so sehr, dass er nicht mehr in der Lage ist, in unterschiedlichen Situationen spontane und intuitive Hilfen zu geben. Diese sind gerade im Reitsport besonders wichtig, da hier sechs Beine in Einklang gebracht werden müssen“, betont Gaby Bußmann. Perfektionisten werden häufig von einem sehr kritischen inneren Dialog an getrieben. Dabei kann es nach Erfahrung der Sportpsychologin noch weitere Ausrich tungen geben: „Manche Menschen übertragen ihre Ansprüche auf ihre Umwelt und er warten, dass diese perfekt sein sollte. Andere fühlen sich durch die vermeintlichen Feh ler weniger gemocht und anerkannt. Ihr Selbstwertgefühl nimmt ab. Es ist ein sehr wich tiger Schritt, sich bewusst zu machen, dass die Achtung durch andere nicht von Perfek tion abhängt. Fehler zu machen ist menschlich. Manchmal führt Perfektionismus auch zu übertriebener Sorge oder zu krank machendem Stress.“ Dressurreiten gehört zu den Sportarten, bei denen die korrekte Ausführung einzelner Lektionen bewertet wird. „Dadurch fördert diese Sportart die Entstehung von Perfekti onismus. Bei anderen Sportarten, bei denen es zum Beispiel um Schnelligkeit geht, ist dies seltener der Fall“, erklärt Gaby Bußmann.
Social Media sorgen für ein falsches Bild Kommunikationswirtin und Coach Tania Konnerth beobachtet einen allgemeinen Ge sellschaftswandel zu Perfektionismus, zu großer Ernsthaftigkeit, aber auch zu Sorgen, Ängsten und Unsicherheiten. Aus diesem Grund bietet die Autorin und Bloggerin aus Bleckede in Niedersachsen zurzeit Mutmacherkurse speziell für Reiter an. „Aus meiner Sicht schadet Perfektionismus Pferd und Reiter auf vielen Ebenen. Besonders durch So cial Media entsteht der Eindruck, dass wir immer perfekt sein müssen. „Gepostete Fo tos zeigen aber immer nur eine Momentaufnahme und können deshalb einen fal schen Eindruck vermitteln. Sie sagen noch nichts über das wirkliche Können oder den Weg dorthin aus“, sagt sie. Ihrer Ansicht nach geht es im Internet häufig um das Verkaufen von Gegenständen oder Leistungen: „Gebe ich jemandem das Gefühl, nicht perfekt zu sein und suggeriere ihm gleichzeitig, dass Perfektion möglich ist, beginnt die Suche nach Lösungen. Diese liegen dann scheinbar in angepriesenen Ausbildungsme thoden, Ausrüstungsgegenständen oder auch in besonderen Futtermitteln. Leider führt keines dieser Dinge zur Perfektion.“ Tania Konnerth definiert Perfektion als Vollkommen heit: „Diese ist meiner Ansicht nach nicht zu erreichen. Es wird immer Kleinigkeiten ge ben, die nicht vollkommen sind. Ein Mensch, der Perfektion anstrebt, steht häufig unter hohem Druck. Diesen gibt er auch an sein Pferd weiter. Als sensible Tiere bekommen Pferde schnell das Gefühl, dass irgendetwas mit ihnen nicht stimmt“, sagt sie. Angemessenheit und Freude wieder hervorholen Tania Konnerth findet den etwas altmodischen Begriff „Angemessenheit“ im Zusam menhang mit Perfektionismus sehr hilfreich: „Ein perfektionistisch veranlagter Mensch sollte sich überlegen, was für ihn selbst und auch für das Pferd möglich und angemessen ist. Fehler und Schwächen, die jedes Individuum mitbringt, werden heute kaum noch ak zeptiert. Nicht jedes Pferd kann Lektionen der hohen Schule erreichen, aber wir können jedes Pferd angemessen fördern. Es wäre schön, wenn sich mehr Menschen in der Pfer deausbildung erlauben würden, auf einem bestimmten Level zu bleiben. Es kann viel Freude machen, wenn sich das Pferd leicht und schön in einer gesunden Laufmanier be wegt, auch ohne Piaffen oder Passagen auszuführen.“ Sie findet, dass jeder Reiter sei nen eigenen Weg suchen sollte: „Vergleiche sind, wenn überhaupt, nur mit sich selbst
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Abschied vom Perfektionismus
Abschied vom Perfektionismus
sinnvoll. Schon das ist schwierig, weil die Gegebenheiten jeden Tag variieren können.“ Das Wichtigste ist für Tania Konnerth, nie die Freude am Reiten zu verlieren. Auch im klassischen Bereich der Reiterei gibt es ihrer Ansicht nach etwas zu viel Ernsthaftigkeit: „Manchmal habe ich den Eindruck, dass viele Menschen nicht bemerken, wie verbissen sie sind, da dieses Verhalten normal geworden zu sein scheint. Die ganze Reiterszene entwickelt sich leider in diese Richtung.“ Der Perfektionist als Ausbilder „Ein perfektionistisch geprägter Mensch ist in der Regel sehr hart gegen sich selbst. Als Lehrer wird er den Reiter oder Schüler immer eher kritisieren als loben“, sagt Tania Kon nerth und ergänzt:„Habe ich dagegen einen Reitlehrer, der in sich gefestigt ist, kann die ser seine Schüler meistens besser unterstützen. Diese Menschen sind oft sehr sanft und verzeihen großzügig kleine Fehler.“ Reitunterricht oder auch anderer Schulunterricht kann ihrer Ansicht nach das Entstehen von Perfektionismus begünstigen: „Wird der Fo kus nur auf Dinge gelegt, die noch nicht funktionieren, erhält der Schüler oder das Pferd immer wieder das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Deshalb arbeite ich in der Pferde ausbildung gern mit positiver Verstärkung. Hier lege ich den Fokus auf ein Verhal ten, das schon gut ist und lobe das Pferd dafür. Fehler werden nicht bestraft, son dern allenfalls korrigiert. Lernen macht so viel mehr Freude, da jeder kleine Fort schritt belohnt wird.“ Sorge um die Gesundheit des Pferdes Gerade unter Freizeitreitern gibt es Tendenzen zum Perfektionismus in Sachen Gesund heit. „Viele Menschen werden von der Sorge um die Gesundheit ihres Pferdes getrieben, häufig den Stall zu wechseln. Das ist natürlich in Ordnung, wenn es dem Pferd objektiv schlecht geht. Den perfekten Stall gibt es allerdings nicht. Durch häufige Stallwechsel wird dem Pferd die Chance genommen, in einer Umgebung heimisch zu werden“, erklärt Tania Konnerth. Auch Sorge kann dem Pferd ihrer Erfahrung nach signalisieren, dass ir gendetwas mit ihm nicht stimmt: „Mein eigenes Pferd leidet unter chronischem Husten. Lange Zeit habe ich alles dafür getan, den Husten in den Griff zu bekommen. Irgend wann habe ich nur noch den Husten an diesem Pferd wahrgenommen. Das Ziel, mein Pferd auf jeden Fall wieder gesund zu bekommen, überschattete unser gesamtes Mitein ander, denn ich empfand die Tatsache, ihn nicht heilen zu können, als Versagen. Ich ließ mich zu sehr vom Rat anderer beeinflussen, als mehr auf mein Pferd zu hören. Erst als ich seinen Husten als Teil von ihm akzeptierte, konnte ich bessere Entscheidungen treffen und die gesamte Situation verbesserte sich. Sein Husten ist nicht weg, aber er lebt sehr gut damit.“ Tania Konnerth ist überzeugt, dass wir viel von unseren Pferden lernen kön nen, wenn wir bereit sind, uns die Situation von außen anzuschauen: „Der Mensch sollte sich immer fragen, ob eine Sorge real ist oder ob er sich in etwas hineinsteigert.“ Nicht selbst zur Belastung werden Ein Mensch, der in übertriebener Sorge ist, beginnt häufig mit einem nicht enden wol lenden inneren Dialog. „Probleme verkleinern sich leider nicht durch zunehmende Sor gen. Die Gedanken dienen lediglich dazu, uns auf bestimmte Probleme aufmerksam zu
Dr. Gaby Bußmann. Foto: privat
machen. Niemandem ist geholfen, wenn die Sorgenspirale immer größer wird. Sind wir nicht in der Lage, mit Sorgen konstruktiv umzugehen, kann dies sehr belastend für Tier ärzte, Freunde und Lebenspartner werden. „Werden die Sorgen zu stark, verlangen wir manchmal von anderen Unmögliches. Besonders auf engagierte Tierärzte kann dieser Zustand sehr zermürbend wirken.“
Praxistipp 1 von Gaby Bußmann: Selbsttalk Ziel: Mehr Lockerheit statt verbissenen Trainings
Ausführung: Manchen Reitern hilft es, mit ihrem eigenen Perfektionismus in Dialog zu treten. Dazu kann dem Perfektionismus ein eigener Name wie zum Beispiel „Miesepe ter“ oder „Zweifler“ gegeben werden. Entsteht ein Gedanke wie: „Der Galoppübergang hat heute mal wieder gar nicht geklappt“, könnte der Reiter seinem Perfektionismus wie folgt antworten: „Ach, du alter Miesepeter, immer musst du alles schlechtreden. Das An springen im Galopp hat doch schon sehr gut funktioniert, das Durchgaloppieren wird sich auch noch verbessern.“ Ausführung: Leitsätze sollten immer persönlich, kurz und klar formuliert werden. Sie kommen immer dann zum Einsatz, wenn die Gedankenspirale ins Negative rutscht. Für Perfektionisten eignen sich zum Beispiel folgende Sätze: „Ich genieße das Reiten und habe Spaß“,„Ich will Fortschritt“,„In kleinen Schritten geht es aufwärts“,„Step by Step“. Praxistipp 3 von Gaby Bußmann: Stuhlwechsel Ziel: Die Realität erkennen und annehmen, eigene Schwächen und Stärken erkennen Ausführung: Der Reiter schreibt seine kritischen Gefühle und Gedanken auf. Danach nimmt er gedanklich oder real einen Stuhlwechsel vor und betrachtet die Situation aus Sicht einer anderen Person. Was würde zum Beispiel seine Mutter oder sein Trainer zu dieser Situation sagen? Welche Stärken würden sie an ihm schätzen? Durch das Gedan kenspiel fällt es dem Reiter leichter, die Realität zu erkennen und zu akzeptieren. Praxistipp 2 von Gaby Bußmann: Persönliche Leitsätze formulieren Ziel: guter innerer Dialog, Zuversicht und Motivation
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Abschied vom Perfektionismus
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zur Freude. Ist es vielleicht sogar an den Zaun gekommen? Genießt das Pferd das Put zen? Lässt es sich satteln? Lässt es den Reiter aufsteigen, ohne sich zu verspannen oder vorwärts zu laufen? Wie fühlt sich das Reiten heute an? Was bereitet Pferd und Reiter hierbei besondere Freude? Auch wenn wir uns sorgenvoll fühlen, kann Lächeln dazu bei tragen, unsere Stimmung zu heben.
Praxistipp 3 von Tania Konnerth: Das Notizbuch im Stall Ziel: Realitätscheck, den Verstand beruhigen und Sorgen unterbrechen
Ausführung: Gerät der Reiter im Stall in eine Gedankenschleife, hilft es, die Gedanken sofort zu notieren. So ist der Verstand erst einmal beruhigt, da seine „Gedanken“ ernst genommen wurden. Zu Hause, mit etwas Abstand, können die Fakten gecheckt werden. Ist das Problem überhaupt real? Was ist früher in solchen Situationen passiert? Wenn ich die Situation zerlege, gibt es dann nicht doch einige positive Seiten?
Praxistipp 4 von Tania Konnerth: Triggerworte verändern Ziel: Gedankenschleife unterbrechen
Ausführung: Oft hängen sich unsere Sorgen an einzelnen Begriffen auf. Solche Trigger worte setzen dann automatische Denkschleifen in Gang. Haben wir zum Beispiel stän dig Sorge vor einem Unfall, kann der Gedanke an das Wort „Unfall“ immer wieder der Startschuss zu einem unendlichen inneren Dialog sein. Ein solches Triggerwort können wir aber gezielt verändern und neue Gedankenketten bilden: Aus „Unfall“ wird „Unfall – Wegfall – Abfall – Loslassen – Leere – freier Kopf“. Alternativ könnten auch Reime auf das Wort gefunden werden. Häufig reicht dies schon, um eine Gedankenschleife zu unter brechen oder gar nicht erst entstehen zu lassen. (Nicole Weinhardt)
Tania Konnerth. Foto: privat
Praxistipp 4 von Gaby Bußmann: Die persönliche Powercard Ziel: Selbstsicherheit, positive innere Haltung, Stärkenprofil verinnerlichen Ausführung: Der Reiter notiert sich auf Karteikarten seine eigenen Stärken. Er kann da bei Worte verwenden wie zum Beispiel nervenstark, aufmerksam, ehrgeizig, fleißig,… Dann ergänzt er die Stärken seines Pferdes. Diese könnten lauten:„Kämpft für mich, gibt sein Bestes, ist im Gelände schnell, hat einen guten Schritt,…“ Von Zeit zu Zeit sollte der Reiter sich seine persönliche Powercard anschauen und sich seine Stärken plus „Pferde stärken“ ins Gedächtnis rufen. Ausführung: Sorgen laufen oft in Form von Filmen oder Bildern vor dem inneren Auge des Menschen ab. Diese entsprechen häufig gar nicht der Realität, sondern werden durch vorhandene Ängste dramatisiert. Um sie abzumildern und auch zu beenden, kön nen sie in der Vorstellung wie mit einer Bildbearbeitung zum Beispiel immer dunkler oder unscharf gemacht, mit Farbe übermalt oder gelöscht werden. Praxistipp 2 von Tania Konnerth: Worüber kann ich mich heute freuen? Ziel: Sorgen vertreiben, negativen Fokus ändern Ausführung: Der Reiter nimmt sich bewusst vor, sich im Stall über eine bestimmte An zahl von Dingen zu freuen. Dazu beobachtet er sich selbst und sein Pferd. Hat das Pferd vielleicht den Kopf gehoben, als es den Reiter gesehen hat? Das wäre der erste Grund Praxistipp 1 von Tania Konnerth: Mit inneren Bildern spielen Ziel: Gedankenschleife unterbrechen
Dr. Gaby Bußmann betreibt keine eigene Internetseite, ist aber unter der E-Mail-Adresse bussmann@reitsportpsychologie.de erreichbar. Mehr von Tania Konnerth finden Sie Sie unter www.wege-zum-pferd.de und www.mutmacherkurs.de Lesetipps: Dr. Gaby Bußmann, Lena Marie Heinze:„Mental stark im Pferdesport“, FN-Verlag, 2020 Tania Konnerth:„10 Wege zu meinem Pferd: Wie Mensch und Pferd glücklich zueinander finden“, Kosmos, 2018
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Zeitmanagement
Zeitmanagement
Drei Fragen an Jessica von Bredow-Werndl
Seit vielen Jahren ist die Weltranglistenerste eine feste Größe in der Dressur-Weltspit ze und hat gerade mit ihrem Spitzenpferd TSF Dalera BB ihren Weltcup-Titel von 2022 unangefochten verteidigt. Mit der Trakehnerstute ist sie zudem amtierende Dop pel-Olympiasiegerin und dreifache Europameisterin. Im Alltag unterhält sie gemein sam mit ihrem Bruder Benjamin Werndl einen Turnier- und Ausbildungsstall sowie ein Online-Schulungsportal. Klingt schon viel? Nun ja, sie ist auch Mutter von zwei Kindern, ihre jüngste Tochter kam zwischen den beiden Weltcup-Finalprüfungen 2022 und 2023 zur Welt. Wenn wir uns anschauen, was Sie alles „wuppen“, kann einem bereits schwindelig werden, selbst wenn man davon ausgeht, dass Sie im Stall ein super Team und zu Hause familiären Rückhalt haben. Und auch wenn Sie ganz sicher lieben, was Sie tun, werden von vielen Seiten Anforderungen an Sie gestellt. Was ist Ihr Geheimnis, dass Sie es schaffen, sich bei alldem immer Ihr Lächeln zu bewahren? Wie Sie schon gesagt haben, liebe ich, was ich tue. Das gibt sehr viel Energie, Mo tivation und Auftrieb. Trotzdem muss ich schon sehr gut organisiert sein. Dabei sind drei Dinge wichtig: ein straffer Plan, Prioritäten setzen, ein tolles Team. Ich habe einen groben Plan jeweils fürs Jahr, für jeden Monat, für jede Woche. Und je den Abend mache ich einen genauen Plan für den nächsten Tag – das braucht auch mein Team, und dann macht das gemeinsame Arbeiten auch mehr Spaß. Ich brau che wirklich tolle Menschen um mich herum, damit ich das alles schaffen kann. In zwischen habe ich gelernt, dass ich auch administrative Aufgaben abgeben darf. Das ist mir anfangs schwergefallen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für viele Menschen ein grundlegendes Thema. Bei Pferdemenschen kommen noch die Anforderungen durch die Vierbei ner hinzu, die sich nicht wie ein Sportgerät wegstellen lassen und die viel mehr Zeit erfordern als Haustiere. Welche Stellschrauben halten Sie für die wichtigsten, damit weder die Familie, der Partner und die Kinder, noch die Pferde zu kurz kommen – und Sie selbst auch nicht? Wie gesagt ist Priorisieren hier für mich der Schlüssel. Am glücklichsten bin ich, wenn ich Pferde und Familie kombinieren kann und wir alle gemeinsam Zeit mitei nander verbringen. Es ist natürlich sehr wichtig, sich Zeit für sich selbst zu nehmen und das ist manchmal eine große Challenge, die ich oft gut schaffe, manchmal je doch nicht und das ist auch ok. Auch mit einem guten Zeitmanagement wird es bei jedem Menschen immer wieder zu Stresssituationen kommen. Gerade dann, wenn man kleine Kinder hat, muss man häufig besonders flexibel reagieren. Welche Strategien zum Umgang mit Stress sind Ihnen im Alltag und in besonderen Situationen hilfreich? Ruhe bewahren und tief durchatmen [grinst]. Ich plane lieber im Voraus, als dass ich im Nachhinein agiere. Dennoch gibt es Situationen oder Änderungen, die ich nicht planen kann. Eine meiner Stärken ist es, flexibel zu sein und Aufgaben so weit als möglich sofort zu erledigen. So staut sich nicht so viel an und ich behalte den Über blick. Tools, um mich wieder zu fokussieren und zu zentrieren, sind für mich Sport, Yoga und Meditationen.
Alles unter einen Hut zu bringen, ist leichter gesagt als getan. Foto: www.slawik.com
Nur 24 Stunden und Stress im privaten Umfeld? Strategien für ein gutes Zeitmanagement
Wo steht mir nur der Kopf? – Das kennen wir wohl alle. Hält dieser Zustand aber nicht nur vorübergehend an, geht unter Umständen der Blick dafür verloren, wann es ungesund für einen selbst wird. Eine Dauerstress-Spirale kündigt sich an. Aber auch ohne akute Ausnahmesituation fühlen sich viele Pferdemenschen wie ein Spielball zwischen den konkurrierenden Anforderungen von Arbeit, Familie, Haushalt und den Tieren. Dabei wollen wir die Zeit bei und mit den Pferden doch eigentlich ge nießen, die uns so wunderbar spiegeln und uns Raum zum Durchatmen in der Natur be scheren. Anforderungen gerecht werden und dabei nicht auf der Strecke bleiben „Wir haben Pferde, gehen arbeiten, studieren nebenbei vielleicht, alles muss irgendwie zum selben Zeitpunkt fertig werden, leben möchten wir auch noch, Zeit für Freunde ha ben und so weiter“, konstatiert Antje Liebe. Die Beraterin und Trainerin bietet als pferde gestützter Coach unter anderem Zeitmanagement-Kurse an. Für sie ist der erste Schritt, um diesen Anforderungen von allen Seiten gerecht zu werden, ganz klar: „Wirklich alles auflisten. Was steht an, die Steuer ist zu machen, eine Feier vorzubereiten, Mutter hat Ge burtstag, das Pferd muss geimpft werden, ein Turnierstart ist geplant. Auflisten, damit man erstmal einen Überblick hat, und dann anfangen zu sortieren.“ Sie schlägt hierfür das Eisenhower-Prinzip vor, bei dem alle Punkte nach Dringlichkeit und Wichtigkeit kate gorisiert werden:
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A. Wichtig und dringend = sofort selbst erledigen; dienen den eigenen Zielen B. Wichtig, aber nicht dringend = Termin festlegen und selbst erledigen oder an andere delegieren; dienen den eigenen Zielen C. Nicht wichtig, aber dringend = an andere delegieren; dienen (meist) den Zielen ande rer D. Nicht wichtig und nicht dringend = im Zweifelsfall ganz streichen So erhalten die planbaren Anforderungen eine Struktur, auch wenn dann immer noch unerwartete Dinge hinzukommen. „Da kommt das Leben dazwischen“, nickt Antje Lie be. Die Punkte beispielsweise, die in Kategorie D landen, sind meist irrelevante Zeitfres ser. „Sie erzeugen mir Stress, sodass ich weniger Energie habe, das zu schaffen, was ich möchte oder muss.“ Werden sie eingespart, ist Raum für wichtige Dinge gewonnen, und das trifft auch auf die Punkte der Kategorie C zu. Erwartet die Tante, dass wir für ihren morgigen Geburtstagskaffee einen Kuchen mitbringen, ist das zwar zeitlich dringend, doch das kann, um Zeit zu gewinnen, delegiert werden. Auch ein Kuchen vom Bäcker ist eine Alternative. Auch langes Vor-sich-Herschieben von Aufgaben stresst, denn „was man nicht aus den Füßen hat, frisst Ressourcen“, unterstreicht die Beraterin. „Es brodelt immer weiter im Kopf.“ Hilfreich ist es zudem, Aufgaben zu bündeln. Stehen zum Beispiel zehn Telefonate auf der Liste, „dann nehme ich mir vielleicht einfach mal eine Stunde und telefoniere in einem Abwasch alles ab.“ Ziele vergegenwärtigen und Stressoren identifizieren Ein wichtiger Faktor bei der Kategorisierung von Anforderungen nach Eisenhower sind die persönlichen Ziele, betont Antje Liebe. „Was wollen wir erreichen? Wir haben ja in der Regel Lebensziele, Langzeitziele, Jahresziele. Bei den Aufgaben, die aufgelistet wer den, geht es immer darum: Was will und was muss ich tun, um sie zu erreichen?“ Um sich (wieder) bewusst zu machen, was die eigenen Ziele sind, braucht es das bewusste Wahrnehmen seiner selbst. „Das bringt uns ins Hier und Jetzt. Das ist Achtsamkeit. Was nehmen wir denn überhaupt wahr – was fühle ich, wo fühle ich was?“ Bei dieser Entde ckungsreise ins eigene Selbst begegnen uns wahrscheinlich die „Fünf Antreiber“, die der Psychologe Taibi Kahler identifiziert hat: „Alle Menschen haben sie in unterschiedlicher Ausprägung. Einer kann besonders hartnäckig und so ein persönlicher Stressverstärker sein. Wir stehen uns damit selbst im Weg“, erläutert Antje Liebe. Der erste Schritt ist, sich diese Antreiber bewusst zu machen, um sie im zweiten Schritt aktiv zu entschärfen. • Sei perfekt => gestatte dir, auch mit weniger als 100 % zufrieden zu sein • Mach es anderen recht => gestatte dir, deine eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen • Sei stark => gestatte dir, auch Hilfe zu holen • Streng dich an => gestatte dir, auch Freude bei dem zu haben, was du tust • Beeil dich => gestatte dir, dir Zeit zu nehmen und auch Pausen zu machen
Drei Fragen an Johanna Constantini Die Psychologin mit eigener Praxis in Innsbruck hat sich neben der klinischen Psychologie unter anderem auf Arbeits- und Sportpsychologie spezialisiert. Zu ihren Referenzen zäh len beispielsweise der Österreichische Pferdesportverband. Johanna Constantini ist selbst Reiterin und hat gerade ihr zweites Kind bekommen. Sie sind beruflich selbstständig, Mutter und Reiterin und profitieren aus dieser Pers pektive sicher auch persönlich von ihrer fachlichen Expertise als Psychologin. Sehen Sie bei Pferdemenschen ein spezielles Muster im Hinblick auf Stress, Zeitmanage ment und Bewältigungsstrategien? Alle Menschen, die mit Pferden zu tun haben, auf diese Punkte zu pauschalisieren, wäre denke ich zu einfach. Jedoch zeigt sich sehr wohl, dass durch das Zusammen sein und die Arbeit mit dem Pferd gewisse Fähigkeiten erlernt werden sollten. Neben einem hohen Maß an Verantwortungsbewusstsein für das Lebewesen Pferd sollte ein gutes Zeitmanagement gegeben sein. Die eigenen Emotionen dabei stets zu regulie ren, stellt aus psychologischer Sicht einen weiteren wichtigen Punkt dar. Wenn nega tive Emotionen an dem Sport- und Freizeitpartner Pferd ausgelassen werden, ist dies schlichtweg inakzeptabel. Als Arbeitspsychologin begleiten Sie Ihre Klientinnen und Klienten unter anderem, um dem „Leistungsdruck standzuhalten und dank individueller Strategien und Stär ken in ein Gleichgewicht zu gelangen“. Lassen sich daraus Tipps für Reiterinnen und Reiter ableiten? Auch hier spielt das vorhin angesprochene Zeitmanagement eine wichtige Rolle. Da bei geht es auch darum, in bestimmten Phasen mit knapperen Ressourcen auszu kommen. Vor allem dann, wenn Wettkämpfe anstehen, intensive Trainingseinheiten geplant werden müssen und dabei noch das Privat- und womöglich ein Berufsleben unter einen Hut gebracht werden sollen, rückt Erholung oft in scheinbar weite Ferne. In jenen Phasen ist es wichtig, sich kleine Auszeiten wie einen kurzen Spaziergang oder die ruhige Minute vor dem Betreten des Stalls zu gönnen. Inwiefern lassen sich die ressourcen- und stärkenorientierten Methoden der positiven Psychologie auch außerhalb des Turniersports anwenden? Das Zusammensein mit Pferden bietet allerhand Raum, um den eigenen Stärken auf den Grund zu gehen. Beispielsweise können Sie sich täglich notieren, was im Zusam mensein mit dem Pferd positiv gewesen ist oder auf welche Stärken Sie selbst zurück greifen konnten. Das stärkt nachweislich das Selbstvertrauen und den Selbstwert und unterstützt sowohl im Turnier- wie auch im Freizeitbereich. Unmittelbar helfen kann beispielsweise: · sich Post-its in den Sattelschrank zu heften, auf denen steht, welche eigenen Eigen schaften sich positiv auf die Zusammenarbeit mit dem Pferd auswirken; · jeden Tag vor dem Schlafengehen aufschreiben, was an dem Tag im Stall gut gelau fen ist; · ein handschriftliches Trainings- und Reittagebuch zu führen, um festzuhalten, was Spaß macht und wo man sich und das Pferd noch verbessern möchte; · den eigenen Gebrauch von Social Media zu hinterfragen, um nicht Gefahr zu laufen, sich ständig virtuell zu vergleichen.
Dieses „Sich-Gestatten“ ist ein lohnenswerter Lernprozess. Und wer sich selbst gegen über achtsam ist, dem fallen vielleicht weitere Dinge auf, merkt die Beraterin an:„Warum
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Zeitmanagement
Zeitmanagement und beim Abschalten unterstützen, ohne sich Gedanken darüber machen zu müssen. „Zum Beispiel: 20 Uhr, mein Computer bleibt aus. Ich komme jetzt runter, lese ein Buch“, schlägt Antje Liebe vor. „Der eine geht in die Badewanne, der nächste setzt sich mit ei nem Glas Wein auf die Couch. Wichtig ist, jeder sollte sein Ritual entwickeln und dann versuchen, auch im selben Rhythmus zu bleiben.“ Neben Ritualen sind Entspannungstechniken empfehlenswert. „Autogenes Training ist auf jeden Fall eine Möglichkeit. Manche lernen es relativ schnell, andere üben und es klappt doch nicht. Dann sind sie vielleicht einfach nicht der Typ dafür und probieren et was anderes wie Meditation oder Progressive Muskelrelaxation.“ Auch hier zählt, die Ent spannungstechnik zur Routine werden zu lassen. Was im Tagesverlauf unmerklich dazwischenfunken kann, sind Zeitfresser, die in keiner der Eisenhower-Kategorien erfasst werden, aber Zeit blockieren, die uns dann für unsere Aufgaben fehlt. Heutzutage sind das oft die (modernen) Medien. „Internet, Handy, jeder ist permanent erreichbar. Die Entwicklung ging schneller als der Mensch sich mitentwi ckeln und in dieser Hinsicht eine gewisse Stressresistenz aufbauen konnte“, ist die Bera terin überzeugt. Zeit vor dem Bildschirm ist für das Gehirn keine Entspannung. Antje Lie be schlägt vor, die eigenen Zeiten zu kontrollieren, die am Bildschirm verbracht werden, und den einzelnen Apps auf dem Handy ein Zeitkontingent pro Tag zuzuweisen. Der Ef fekt sei oft überraschend: „Vielen fällt auf, dass sie nicht merken, wie die Zeit vergeht. Diese Zeit ist dann weg. Verdaddelt. Und sie fragen sich: ‚Aber das waren doch nur fünf Minuten, wie können denn jetzt 20 Minuten um sein?‘ Die Zeit am Handy unterschätzen viele.“ Zu einer guten Erholung gehören übrigens ganz grundlegend ein guter Schlaf und eine feste Schlafroutine. Erwiesen ist jedoch, dass die Bildschirmnutzung vor dem Zubettge hen den Schlaf stört. Also: Wortwörtlich abends abschalten, vor allem das mediale Rau schen.„Dann kann man mit frischer Energie wieder starten.“ (Antje Becker)
Grafik: SvetaZi/istock.com
schiebe ich diese eine Aufgabe? Warum ist mir das unangenehm? Ist es nur eine kurzfris tige Sache oder etwas Längeres? Will ich das noch? Oder ist es nicht sinnvoller, etwas zu ändern?“ In einer solchen Bestandsaufnahme kann einem durchaus klar werden, dass es Dinge gibt, von denen man sich trennen sollte – alte Gewohnheiten, unter Umständen der Arbeitsplatz, vielleicht auch bestimmte Menschen. Solche drastischen Schritte wollen natürlich nicht übereilt getan werden. Doch manch mal ist das viel sinnvoller, als sich weiter zu quälen, denn wenn die eigene Situation un erträglich geworden ist, senden Körper und Seele klare Warnsignale: „Atembeschwer den, Schlafstörungen, Magenschmerzen, Muskelverspannungen können ein Zeichen von Stress sein, Nervosität, innere Unruhe, Lustlosigkeit, fehlende Motivation, kreisen de Gedanken. Aber auch, wenn auf einmal Versagensängste aufkommen, Angstgefühle oder gar Panikattacken bis hin zum Blackout“, zählt Antje Liebe auf. Solche gravierenden Signale sind unbedingt ernst zu nehmen, und das Ziel muss sein, durch gezielte Verän derungen wieder in einen besseren Zustand zu kommen. Rituale entwickeln und Entspannung finden Für ein besseres Wohlbefinden sorgen Erholungsphasen – und dabei helfen Rituale ganz besonders gut. „Selbst im normalen Alltagsstress verbrauchen wir Energie, das heißt, wir brauchen auch Erholungsphasen. Natürlich kann jeder mal kurze Zeit richtig pow ern. Aber irgendwann muss die Erholung kommen.“ Rituale können den Tag ordnen
Mehr über Antje Liebe erfahren Sie unter https://www.coaching-mit-pferden-harz.de/ Infos über Jessica von Bredow-Werndl gibt es unter https://jessica-aubenhausen.de/ Und über Johanna Constantini unter https://www.constantini.at/
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„Lasst uns den Umgang mit Tieren pflegen, Freunde, damit wir unsere unsterbliche Seele nicht verlieren.“ Victor Auburtin (deutscher Schriftsteller und Journalist, 1870–1928)
Foto: www.slawik.com
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Krankheitsfrust
Krankheitsfrust
Informieren und Akzeptieren: Wege aus dem Frust mit kranken Pferden
Oftmals liegen bei Pferdebesitzern die Nerven blank, wenn sich beim eigenen Pferd Krankheiten aneinanderreihen oder es unter einer chronischen Erkrankung leidet. Das eigentlich schönste Hobby der Welt wird plötzlich von Sorgen, Ängsten und Frust überlagert. Auch wenn sich die Krankheiten nicht wegzaubern lassen – den eigenen Umgang damit zu reflektieren kann ein erster Schritt sein, um besser mit der Situation umzugehen. Das hilft letztlich Mensch und Pferd. Verschiedene Faktoren beeinflussen, wie Menschen mit Erkrankungen ihrer Tiere umge hen. Was den einen Halter seelisch völlig mitnimmt, ist für den anderen vielleicht nur eine Nebensache. Ein Faktor ist der Persönlichkeitstyp, sagt Dr. Angela Kurylas-Schnei der. Die Neurobiologin aus Großenkneten hat als Businesscoach auch mit der ganzen Bandbreite der menschlichen Natur zu tun. Sie unterscheidet zwischen den eher prag matischen und den eher emotionalen Menschen, wobei es in beiden Gruppen jeweils pragmatischere und emotionalere Typen gebe. Sie sagt: „Gerade sehr emotionale Men schen geben dem Thema des kranken Pferdes viel Raum. Neben der Persönlichkeit spielt aber auch der Lebenskontext eine Rolle. Wer sich in einer Lebensphase befindet, die ihn auch anderweitig, zum Beispiel familiär, sehr fordert, kann sich oft nicht so um das kran ke Pferd kümmern, wie er gern würde. Das kann zu Schuldgefühlen führen und deshalb sehr belastend sein.“ Generell hat sie beobachtet, dass Pferdebesitzer dazu neigen, viel in ihr Pferd hinein- zuprojizieren. „Das Pferd wird mit seinen Bedürfnissen oft zu menschlich gesehen. Wir glauben, so wie es uns gehen würde, fühlt sich auch das Pferd“, sagt Angela Kurylas Schneider, die sich selbst davon nicht ausnimmt. So habe es ihr in einer schwierigen Zeit mit ihrem eigenen kranken Pferd geholfen, dass ein Tierarzt zu ihr sagte:„Pferde sind lei densfähiger, als man glaubt.“ Auch das soziale Umfeld hat Einfluss auf die eigene Einstel lung, macht Angela Kurylas-Schneider deutlich: „Der Mensch orientiert sich an seinem Umfeld. Wer sich viel mit pragmatischen Menschen umgibt, verhält sich oft auch selbst pragmatischer. Jemand, der sich leicht in den eigenen Emotionen verliert, braucht da gegen eine pragmatischere Person als Vorbild, an der er sich orientieren kann.“ Angela Kurylas-Schneider ist überzeugt, dass eine Erkrankung des Pferdes unabhängig von der Persönlichkeit vor allem dann zu Frust führt, wenn der Mensch keine Lösungsstrategie hat. Das ist auch die Erfahrung von Conny Röhm. Die Pferdewissenschaftlerin aus Boos sagt ganz klar: „Unsicherheit entsteht, wenn Wissen fehlt.“ Die neuen Medien verstärken dieses Problem, erklärt sie: „Es fällt immer schwerer, zu filtern, was Mediennonsens, Po pulismus oder Angstmacherei ist.“ Dazu komme oft ein Gefühl von Schuld und Scham, das durch das Umfeld verstärkt werde. „Das kann das persönliche Umfeld sein, das dem Pferdebesitzer vermittelt, er habe die Situation selbst verschuldet, oder auch das Inter
Wenn der Tierarzt zum Dauergast wird ... Foto: www.slawik.com
net. Beides vergrößert die Unsicherheit“, so Conny Röhm. Sie hat zudem einen weite ren Faktor ausgemacht, der die Situation für den Pferdebesitzer noch verschlimmert: Die Ohnmacht und das Unvermögen, die Tatsache zu akzeptieren, dass man etwas nicht im Griff hat. „Das ist eine Spirale, die durchaus traumatisch sein kann. Sie kann zu Verhal tensmustern führen, die von völligem Kontrollverlust bis hin zu Depressionen und Ess störungen reichen“, erklärt Conny Röhm. Wissen gegen die Ohnmacht Um eine Lösungsstrategie entwickeln zu können, gilt es zunächst gegen die Ohnmacht und die Überflutung mit Fehlinformationen anzugehen, betont Conny Röhm. „Der Pfer debesitzer muss sich eine verlässliche Informationsquelle suchen. Das kann ein Tierarzt sein, Fachliteratur oder auch ein seriöser Berater“, so Conny Röhm, die es nicht verwun dert, dass so viele Menschen Probleme damit haben, zwischen Information und Fehl information zu unterscheiden. „Die kritische Evaluation wird in Deutschland, anders als beispielsweise in England, kaum gelehrt. Sie findet bei uns allenfalls in der Wissenschaft statt“, sagt sie.
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