Blick in das Notfall-Heft!

Pferd beim Tierarzt

Dr. Colette Elmas von der Pferdeklinik am Kottenforst in Nordrhein-Westfalen wünscht sich vor allem händelbare Pferde: „Das erwachsene Pferd sollte ruhiges Stehen ge lernt haben, sich am ganzen Körper anfassen lassen, alle vier Hufe problemlos geben und Angebundensein erdulden. Natürlich ist klar, dass diese Anforderun gen noch nicht an Fohlen und Jungpferde gestellt werden können!“ Sobald diese Basics mehr oder weniger funktionieren, beginnt Babette Teschen, die Pferde mit Un tersuchungstechniken oder medizinischen Gegenständen bekannt zu machen. „Viele Pferde haben Schwierigkeiten, sich am Kopf, speziell an den Ohren, den Nüstern oder am Maul, anfassen zu lassen. Ich gewöhne sie an die Berührung, aber auch daran, dass ich in die Ohren oder in das Maul hineinschaue. Außerdem kann ich eine Hautfalte am Hals nehmen oder die Beine wie zur Beugeprobe aufheben. Ich zeige dem Pferd ver schiedene medizinische Gegenstände wie Spritzen, Fieberthermometer oder Stetho skop und übe, sie damit zu berühren. Zusätzlich trainiere ich das Bandagieren, das Ein sprühen mit einer Sprayflasche sowie das Abspritzen beziehungsweise Abwaschen mit einem Schwamm“, beschreibt die Trainerin einige Übungsmöglichkeiten. Babette Teschen empfiehlt, alle Übungen in kleinste Schritte zu zerlegen und über posi tive Verstärkung aufzubauen. Analog zum Medical Training der Wildtiere setzt sie dazu besonders gern einen Clicker ein: „Mit dem mechanischen Geräusch des Clickers kann ich sofort und sekundengenau jedes richtiges Verhalten bestärken. Anschließend gebe ich eine Futterbelohnung. Beim Medical Training ist es sehr wichtig, unter der Angst- und Stressschwelle zu arbeiten.“ Da viele Pferde sich nicht gut spritzen lassen, erklärt Ba bette Teschen an diesem Beispiel, wie ein Pferd mithilfe des Clickertrainings vorbereitet werden kann: „Als Erstes darf das Pferd die Spritze ohne Kanüle aus einiger Entfernung betrachten. Bleibt es ruhig, erfolgt ein Click und eine Futterbelohnung. Als Nächstes nä hert sich die Spritze vorsichtig den typischen Einstichstellen an Hals und Brust. Auch hier wird das ruhige Stehen belohnt. Das nächste Ziel ist eine sanfte Berührung mit der Sprit ze. Funktioniert das gut, kann mit der Plastikspitze der Spritze oder einem Kugelschrei ber ein kurzer sanfter Druck ausgeübt werden, bis das Pferd diesen gut aushält.“ Zusätz lich rät sie, das Desinfizieren von Brust oder Drosselrinne am Hals möglichst genauso kleinmaschig aufzubauen. Dazu verwendet Babette Teschen ein mit Wasser befeuchte tes Tuch oder echtes Desinfektionsspray. „Einige Minuten tägliches Training reichen, um die meisten Pferde innerhalb von zwei Wochen fit für die nächste Impfung zu machen“, sagt sie, „allerdings müssen die Pferde vorher die Grundregeln des Clickertrainings er lernt haben. Natürlich kann ich diese Dinge auch ohne Clicker erarbeiten. Meiner Erfah rung nach fällt es dem Pferd mit Clicker aber deutlich leichter, zu verstehen, was verlangt wird. Es ist effektiver, geht schneller und die Pferde haben Spaß daran.“ Als Nächstes sollten alle beschriebenen Prozeduren an anderen Orten, von beiden Sei ten und auch von anderen Personen durchgeführt werden. „Besonders bei ängstlichen Pferden ist es sinnvoll, den Tierarzt ‚ins Boot‘ zu holen. Vielleicht besteht die Möglich keit, dass er sich für einige Minuten gegen Zahlung eines Honorars mit dem ängstlichen Pferd beschäftigt. Er kann es an sich schnuppern lassen, es anfassen, streicheln und möglicherweise kurz das Stethoskop an den Bauch halten“, schlägt die Trainerin vor. Ih

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