Blick: FzF Ausgabe 1

Lernmethoden

Welche Lern- und Trainingsmethoden machen aus wissenschaftlicher Sicht Sinn?

Hunde besitzen ein besonders hoch entwickeltes Lernverhalten, denn sie bringen von Natur aus allerhand mit, was Lernen prinzipiell fördert: Ein ausgeprägtes Er kundungsverhalten, die Lust zu spielen in nahezu allen Lebensphasen und eine ge sunde Portion Neugier – all das lässt Hunde leicht(er) lernen. Wichtig ist, dass der Mensch um dieses Talent weiß, ein Umfeld schafft, in dem es sich gut lernen lässt und mit den richtigen Methoden das Lernen ideal fördert. Wer einen Hund in die Familie aufnimmt oder auch bereits länger an seiner Seite hat, stellt sich sicher so manches Mal die Frage, wie er seinem Hund etwas beibringen oder vielleicht auch abgewöhnen kann. Die Basis dafür bilden immer die Lerntheorie sowie die zur jeweiligen Theorie gehörenden Methoden. „Zwei der bekanntesten Lerntheo rien sind sicherlich die behavioristische sowie die kognitive Lerntheorie. Zur behavioris tischen Lerntheorie gehören die klassische sowie die operante und instrumentelle Kon ditionierung. Eine kognitive Lerntheorie beschreibt das soziale Lernen, also das Lernen von anderen, und wird auch als ‚Lernen amModell‘ bezeichnet“, erklärt Dr. Marie Nitzsch ner. Sie ist promovierte Verhaltensbiologin, Hundetrainerin, Autorin und Mitbegründerin von KynoLogisch – einer Ausbildungsstätte für akademische Aus- und Weiterbildungen im Berufsfeld Hund. Sie lebt und arbeitet mit ihren beiden Hündinnen Katjes und Milou in Leipzig. Klassische Konditionierung: Die Glocke und der sabbernde Hund Wohl jeder, der im Biologieunterricht gut aufgepasst hat, kennt den Pawlow’schen Hund. Durch Zufall entdeckte der russische Mediziner und Physiologe Iwan Petrowitsch Pawlow (1849–1936) bei einem seiner Experimente die Lerntheorie des klassischen Kon ditionierens. Er untersuchte seinerzeit die Verdauungsphysiologie von Hunden. Dafür musste einer seiner wissenschaftlichen Assistenten den Versuchshunden wiederholt Fleischpulver ins Maul geben, sodass Pawlow die Auswirkungen auf die verschiedenen Verdauungssekrete untersuchen konnte. Irgendwann begann den Hunden allein beim Anblick der Assistenten der Speichel aus dem Maul zu tropfen. Die Hunde hatten ge lernt, dass die Assistenten ihr Schlüssel zum Futter waren. In weiteren Experimenten er setzte er die Assistenten durch eine Glocke und fand heraus, dass immer wenn die Glo cke ertönte, die Hunde mit Speichelfluss reagierten. Iwan Pawlow erarbeitete daraus die Lerntheorie des klassischen Konditionierens. Ein neutraler Reiz (hier: die Glocke) wird mit einem unkonditionierten Reiz (hier: das Futter) gekoppelt, der unkonditioniertes Verhal ten (hier: das Speicheln) nach sich zieht. Marie Nitzschner nennt zur Verdeutlichung zwei Beispiele aus dem täglichen Leben: „Es klingelt an der Haustür (neutraler Reiz) und der Hund ist aufgeregt (unkonditioniertes Verhalten), weil er erwartet, dass jemand vor der Tür (unkonditionierter Reiz) steht. Oder: Ein Züchter kündigt mit einem Pfiff (neutraler Reiz) die Welpenmahlzeit an, bevor er die

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FzF 01/22

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