Blick 2/24: Freiarbeit

Freiarbeit und Kommunikation Freiarbeit und Kommunikation: Zwischen viel Verantwortung und Freiheit in Grenzen Marlitt Wendt ist Biologin und hat einen kritischen Blick auf die Freiarbeit – dabei praktiziert sie diese selbst mit viel Freude und Vergnügen. Was zu einer freien Ar beit dazugehört, damit sie mehr Sein als nur fotografischer Schein ist, hat sie für die Dressur-Studien aufgeschrieben. Freiarbeit, Freiheitsdressur, Libertywork, alles Begriffe, die in den meisten Pferdemen schen ein positives Gefühl der unbegrenzten Möglichkeiten auslösen. Sie beschreiben den alten Traum von Black Beauty, Ostwind und Co; die Vorstellung einer fast magisch anmutenden, intuitiven Partnerschaft zwischen Mensch und Pferd. Eine Verbindung, die im Idealfall so tief und vertrauensvoll ist, dass beide Partner eine Einheit bilden und syn chron im Gleichtakt denken und agieren. Doch ist das wirklich automatisch so, nur weil wir ohne Equipment arbeiten? Stimmt es überhaupt, dass das Pferd in der freien Bodenarbeit immer ein gutes Gefühl hat, sich frei, wild und stolz fühlen kann? Und was machen wir, wenn es eben nicht immer unsere Gedanken lesen kann oder möchte und sich doch verselbstständigt? Neben den vielen positiven Assoziationen zum Thema Freiarbeit schwingt auch immer der leise negative Gedanke an eine Scheinwelt mit, denn nur zu oft wollen wir nicht wahrhaben, dass das, was wir sehen wollen, nicht immer das ist, was tatsächlich geschieht. Oft bewegt sich das Pferd im Showring der Messe zwar ohne Halfter und Longe frei, dirigiert vom Trainer, dass es sich dabei aber wirklich frei fühlt, mag nicht immer zutreffen. Viele der Show nummern werden im Trainingsprozess nämlich nicht ganz locker und ohne den Einsatz von Druck oder Zwang trainiert, sondern das Pferd lernt, dass es sich nur in einem winzig kleinen Rahmen zu bewegen hat. Für echte Freiheit ist da wenig Raum. Die freie Bodenarbeit bedeutet für den Menschen vor allem eines: viel Verantwortung und Respekt gegenüber dem Pferd, damit diese Art des Trainings wirklich eine Bereiche rung für das Pferd sein kann, seine Persönlichkeit zum Strahlen bringt und nicht nur ein Selbstdarstellungsfeld für den Menschen ist. Der ewige Traum der subtilen Kommunikation Der Traum von Dr. Doolittle und seiner intuitiven Kommunikation mit den Tieren spie gelt sich in der Freiarbeit wider. Es ist die Illusion der unsichtbaren Hilfengebung, die Faszination der spektakulären, teils rasanten Lektionen, die diese Art der Arbeit mit dem Pferd so beliebt machen, dass sie inzwischen einen festen Platz unter Freizeit-Pferdeleu ten eingenommen hat.

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DS 02/24

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