Blick 2/24: Freiarbeit

Freiarbeit und Kommunikation Wichtig ist dabei, das Wohlbefinden des Pferdes nicht einzuschränken. Equipment muss dem Pferd passen und darf nicht missbräuchlich eingesetzt werden. Wenn es mit Lob und Ansprache eingeführt wird, kann ein Gertenzeichen ebenso entspannt vom Pferd wahrgenommen werden wie ein Fingerzeig. Positive Kommunikation ist der Schlüssel zum Gefühl der Freiheit Es geht aus Pferdesicht also weniger um den Ort, an dem wir freie Bodenarbeit betrei ben, oder um die Frage, ob wir vollkommen auf Hilfsmittel verzichten wollen, sondern um die Art und Weise, wie wir mit dem Pferd kommunizieren. Es gibt in der Pferdeaus bildung prinzipiell mehrere Wege zu trainieren. Vereinfacht gesagt haben sich schon die Zirkusmenschen vergangener Tage am Zuckerbrot-und-Peitsche-Prinzip orientiert. Das Pferd wurde über Druck angetrieben und bei richtiger Reaktion durch das Nachlassen des Drucks „belohnt“. Stimmlob oder Futterlob haben die korrekte Verhaltensantwort des Pferdes dabei unterstützt. Heute ist durch das Erforschen des Lernverhaltens des Pferdes bekannt, dass Pferde am leichtesten lernen, wenn so wenig Druck und Stress im Training besteht wie irgend möglich. Das bedeutet, dass es besonders in der Freiarbeit wichtig ist, schon kleinste Ansätze des Zielverhaltens zu erkennen und das Pferd direkt dafür zu loben. Wem es gelingt, weitestgehend auf das altbekannte Pressure-Release Prinzip zu verzichten, der wird beim Pferd umso mehr echte Freude auch im Training er zielen. Das Ergebnis des Freiarbeits-Trainings lässt auch auf den schillernden Events der Show profis oft erkennen, wie das Arbeitsziel erreicht wurde: ob im Vorfeld viel über Druck oder eben vermehrt über Belohnungen gearbeitet wurde. Pferde zeigen unter Druck tendenziell eher Vermeidungsverhalten dem Menschen gegenüber. Sie versuchen, ihr Gegenüber mittels unterschiedlichster Beschwichtigungssignale positiv zu stimmen, sich selbst zu beruhigen und den empfundenen Stress zu reduzieren. Wird im Trainings verlauf mit viel Druck gearbeitet, so zeigt das Pferd seinen Stress dem geübten Beobach ter anhand seiner Körpersprache und seiner Stressmimik. Ein gestresstes Pferd wird vielleicht auf der Verhaltensebene gut funktionieren. Es spult die abgefragten Verhaltensweisen eventuell sogar perfekt und wie ein Auto mat ab. Es wird sich allerdings mental nie frei und stolz fühlen. Unter Druck ent steht keine Freude. Das ist auch der Grund, warum so viele scheinbar perfekte Shownummern bei der Be trachtung einen schalen Beigeschmack hinterlassen. Die ohne Ausrüstung vorgestellten Pferde sind zwar scheinbar irgendwie frei, aber mental überfordert, frustriert oder agie ren gefühllos und abgeschaltet. So erarbeitete Nummern entstehen über die Erhöhung von Druckstufen und über eine Drohkulisse, die dem Pferd glasklar vermittelt, dass der Druck erhöht wird, wenn es nicht wie gewünscht reagiert. Von Freiheit ist da keine Spur. Ein mental und emotional freies Pferd wartet dagegen nicht passiv auf die Kommandos des Menschen, sondern interagiert mit ihm. Es präsentiert erlernte Verhaltensweisen,

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DS 02/24

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