Blick 2/24: Freiarbeit
Freiarbeit und Kommunikation manche Menschen teils riskante Situationen in Kauf. Da werden Pferde frei mit ins Ge lände genommen und im Wald herumtraben gelassen, es wird barfuß neben dem Pferd herumgehüpft oder es werden viel zu früh anspruchsvolle Lektionen wie der Spanische Schritt oder das Steigen hinzugenommen. Alles wird getan, um die perfekte Inszenie rung, das perfekte Foto zu erhalten. Warum ist eigentlich kein Hilfsmittel erwünscht? Was ist „schlimm“ daran, sich einzugestehen, dass unser Pferd sich manchmal eben für das leckere Gras und nicht für unser Training entscheiden würde oder aber gerade keine Lust hat, die 20. Runde im Kreis neben uns zu galoppieren? Zerstört es wirklich das gan ze tolle Foto, wenn ein Zaun auf dem Bild zu sehen ist oder die Szene sich in einer Reit halle abspielt? Häufig geht es bei dem Fotoshooting einer Freiarbeitssession darum, den einen ganz besonderen Moment ideal in Szene zu setzen. Deshalb wählt der Fotograf einen Blick winkel, in dem der Zaun aus dem Bild verschwindet, oder retuschiert das Bild anschlie ßend. Es geht dabei mehr um die Darstellung der Freiheit und die Freude daran als da rum, dass im Alltag kein Zaun unsere Zweisamkeit einschränkt. Denn letztlich ist die Welt voll von Einschränkungen. Sei es, weil wir als Menschen Richtung und Geschwindigkeit des Pferdes bestimmen wollen, es gezielt trainiert haben, ein bestimmtes Verhalten auf Abruf zu zeigen oder eben weil wir die Umgebung so gestalten, dass unser Pferd nicht selbst in Gefahr geraten kann oder eine Gefahr für andere darstellt. Denn genau das ist die Verantwortung dem Pferd und unseren Mitmenschen gegenüber. Ein Pferd bleibt ein Pferd. Es kann sich erschrecken und als Fluchttier davongaloppieren – egal, wie eng die Bindung zum Menschen ist. Es gibt immer Ausnahmesituationen, die zwar vorstell bar, aber kaum trainierbar sind. Daher ist es immens wichtig, dafür zu sorgen, dass unser Pferd keine Unfälle verursacht. Wir sind verantwortlich dafür, dass wir ein Pferd auf öf fentlichen Wegen immer mit angemessenem Equipment führen. Der Raum für die Frei arbeit ist nicht die freie Natur, die es in Mitteleuropa so ohnehin nicht mehr gibt, sondern pferdegerecht eingezäunte Weiden, Reitplätze oder eine Reithalle. Freiheit in Grenzen Verantwortungsvolle Freiarbeit beginnt immer in diesem gesicherten Rahmen. Eine Reit halle oder ein Longierzirkel bietet nicht nur die Gewissheit, dass unser Pferd nicht außer Kontrolle geraten kann, sondern gibt dem Pferd darüber hinaus in gewisser Weise Si cherheit. Gerade weil es ein abgeschlossener Aktionsraum ist, wird der gewählte Platz im Verlauf des durchdachten, pferdegerechten Trainingsprozesses zu einer vertrauten Um gebung. Der Grad der Ablenkung kann so schrittweise am Ausbildungsstand des Pferdes orientiert werden und wir können den leeren Handlungsraum gezielt mit Leben füllen. Dabei helfen uns etwa Stangen, Pylonen oder andere optische Hilfsmittel, den vorgege benen Raum zu strukturieren. So können wir unsere richtungsweisenden Hilfen gezielt
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DS 02/24
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