B: Rückwärtsrichten

Biomechanik

Hier ist gut sichtbar, wie die Gelenke der Hinterhand beansprucht werden. Foto: Bärbel Schnell

das immer zu Verspannungen und Überlastungen. Betroffen sind alle Strukturen des Körpers: Gelenke werden komprimiert, Faszien und Muskeln ziehen sich zusammen und befinden sich somit in Dauerkontraktion.“ Das ist für das Pferd nicht nur unangenehm, sondern, zumindest auf Dauer, auch schädlich. Denn ist ein Muskel verkrampft, kann er nicht mehr physiologisch arbeiten und der Muskelstoffwechsel wird behindert. Katrin Obst erläutert: „Bei einem verspannten Muskel, der nicht in der Lage ist, sich abwech- selnd zu dehnen und zusammenzuziehen, funktioniert der Transport von Blut in den Muskel und aus ihm heraus nicht mehr. Ein Muskelaufbau ist in diesem Zustand nicht möglich. Halten die Verspannungen an, kann es sogar zum Muskelabbau kommen – ganz zu schweigen vom Stress, den das beim Pferd erzeugt.“ Besonders kontraproduktiv sei es, wenn trageerschöpfte Pferde mit bereits verkürzter Rückenmuskulatur beim Rückwärtsrichten in eine noch stärkere Hohlkreuzposition kommen, so Katrin Obst. In diesem Fall sollte der Reiter zunächst mit entsprechenden Übungen an der Aufwölbung des Rückens arbeiten. Diese kann beispielsweise im Stand erzeugt werden, indem leichter Druck am Brustbein ausgeübt oder mit dem Finger an der Bauchlinie entlanggefahren wird. Trotz aller positiven Aspekte des Rückwärtsrichtens weist Katrin Obst darauf hin, dass die Übung aufgrund der hohen Beanspruchung der Hinterhand in manchen Fällen auch schädlich sein kann. „Bei einigen Erkrankungen sollte der Reiter lieber darauf verzichten oder sich zumindest zuvor mit seinem Tierarzt oder Physiotherapeuten abstimmen.“ Als Beispiele nennt sie chronische Probleme im Kreuz-Darmbein-Gelenk, Erkrankungen des Fesselträgerursprungs an den Hinterbeinen sowie Spat. Besonders Pferden mit verkürzter Rückenmuskulatur, denen das Aufwölben der Oberli- nie schwerfällt, tut nach Erfahrung von Katrin Obst eine Massage der Rücken- und Sitz- beinmuskulatur oder Wärmeapplikation vor dem Training gut. Geeignet sind dafür zum Beispiel Fangopackungen, Wärmekissen oder spezielle, Tiefenwärme erzeugende De-

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